Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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4. Vergleichung des jüdischen und spinozistischen 
Gottesbegrisfs. 
Und wie sich der Gottesbegriff Spinoza's in Rücksicht des 
Dogmas am weitesten entfernt von dem menschgewordenen Gotte 
des Christenthums, so scheint er am nächsten verwandt dem erha 
benen Wesen der monotheistischen Norstellungsweise. Diese be 
hauptet die Einheit und Unvergleichlichkeit Gottes, aber indem sie 
Gott von der Welt absondert, bildet sie den Dualismus von Gott 
und Welt. Dem Monismus entspricht, dem Dualismus wider 
spricht die Denkweise Spinoza's. Dieser Zusammenhang ist be 
deutsam. Der Monotheismus war hervorgegangen aus den Na- 
turreligioncn des Morgenlandes, welche die Substanz oder das 
Wesen der Dinge als Naturmacht vergöttert hatten. In der 
jüdischen Religion hatte sich die Substanz geschieden von der Na 
tur, sie hatte sich von den kosmischen Mächten gereinigt und der 
Sinnenwelt entgegengesetzt als ein rein geistiges Wesen. So war 
in dem jüdischen Bewußtsein aus der Substanz eine Person, aus 
der Naturmacht Jehovah geworden, und der Monotheismus hatte 
die Kluft aufgethan zwischen Gott und Welt. Die Einzigkeit 
Gottes bejaht, den Dualismus oder die Absonderung Gottes von 
der Welt verneint die Lehre Spinoza's. Sie verwandelt den 
Monos in das Pan und damit den Monotheismus in Pantheis 
mus. Indem Spinoza das vollkommen unendliche Wesen denkt, 
muß er alles Sein darin begreifen, also darf er nichts davon aus 
schließen oder absondern, weil jenes Wesen sonst mangelhaft und 
unvollkommen würde. Sein Gott schließt die Welt nicht aus 
und steht ihr nicht gegenüber als eine besondere Person; er kann 
nicht äußerlich auf sie einwirken, denn er ist nicht deren äußere oder 
jenseitige, sondern innere Ursache.
	        
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