Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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wäre abhängig gemacht und jenem Endzweck unterworfen, wie 
die Götter der Alten dem Schicksal. Damit ist die Nothwendig 
keit der Dinge nicht erklärt, aber die Freiheit Gottes vernichtet. 
„Ich gestehe," sagt Spinoza, „daß jene Ansicht, welche Alles 
dem unbedingten Willen Gottes unterwirft und von seinem Gut 
dünken Alles abhängen läßt, weniger von der Wahrheit abirrt, 
als die Meinung derer, welche behaupten, Gott bewirke Alles 
unter der Idee des Guten (sub ratione bonl)/Denn diese scheinen 
etwas außerhalb Gottes anzunehmen, das von Gott nicht abhängig 
ist, worauf sich Gott, wie auf ein Musterbild, in seinem Wirken 
richtet, oder wohin er wie nach einem bestimmten Ziele trachtet. 
Dieß heißt fürwahr nichts anderes als Gott dem Schicksal unter 
werfen, und das ist das Ungereimteste, was von Gott behauptet 
werden kann, der, wie wir gezeigt haben, sowohl von dem Wesen 
als von dem Dasein aller Dinge die erste, einzige und freie Ur 
sache ist *)." 
V. 
Gott oder Natur. 
1. Der vollkommen naturalistische Gottesbegrisf. 
Wenn Gott nicht als Wille handelt, so ist auch die Welt 
kein Werk des göttlichen Willens, also kein Geschöpf. Wenn in 
dem Wesen Gottes keine Zweckthätigkeit stattfindet, so ist die Welt, 
*) Eth. T. Prop. XXXIII. Schob II (Ende). Gott handelt „sub 
ratione boni.“ Dieses sub ist sehr bezeichnend, denn es enthält 
die Kritik Spinozas. Gott handelt unter der Idee des Guten, wie 
einer bestimmenden Macht, die ihn nöthigt und sich unterwirft, gleichsam 
unter dem Zwange derselben. Die ganze bedeutsame Stelle erleuchtet den 
Gegensatz Spinoza's gegen die teleologische Betrachtungsweise.
	        
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