Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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trennt von dem Glauben seiner Väter. Diese Kluft war ihm eben 
so klar als den Rabbinen, die den Bann über ihn aussprachcn. 
5. Das göttliche Gesetz. 
Das göttliche Gesetz ist die ewige Ordnung der Dinge, unbe 
dingt in seiner Geltung, unwandelbar in seinem Bestände. Es 
ist daher nicht gebunden an gewisse ausschließende äußere Zeichen, 
also kein Ceremonialgcsetz; im Gegentheil ein Gesetz, welches die 
Geltung und Beobachtung solcher Zeichen vorschreibt, trägt 
schon darin das Merkmal an der Stirn, das göttliche Gesetz 
nicht zu sein. Es ist nicht gebunden an die Verhältnisse der 
Zeit und die wandelbaren geschichtlichen Formen; darum ist auch 
die Erkenntniß dieses Gesetzes nicht geschichtlicher Art und der 
Glaube daran kein Geschichtsglaube. Es ist ein wichtiger und be 
deutungsvoller Punkt, den Spinoza in seinem theologisch-politi 
schen Tractat mehr als einmal hervorhebt: daß die Religion kein 
historischer Glaube sei. Der historische Glaube kann ein Vehikel 
sein für die menschliche Fassungskraft, die, unfähig die ewige Noth 
wendigkeit zu erkennen, in der geschichtlichen Form einer Begeben 
heit das göttliche Gesetz anschaut. Die menschliche Fassungskraft 
hat verschiedene Grade, die von den Bedingungen und der Ent 
wicklung der menschlichen Natur abhängen, und nach denen eine 
weise Erziehung in ihrem Gange und in der Wahl ihrer Bildungs 
mittel sich richtet. Nennen wir nun die besondere Erscheinungs 
weise, in welcher das göttliche Gesetz sich kundgiebt, Offen 
barung, so leuchtet ein, daß Spinoza die Offenbarung aus dem 
menschlich-geschichtlichen Gesichtspunkt auffaßt und würdigt, daß 
er sie pädagogisch rechtfertigt, durch die Erziehung erklärt und 
schon jenen großen und fruchtbaren Gedanken vorausnimmt, den
	        
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