Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

Nach dem Grundsatz der Theologie ist die Bibel das offen 
bar gewordene, unverfälschte, in jedem Buchstaben wahre Wort 
Gottes. Die heiligen Schriften sind durchgängig wahr, also nir 
gends in Widerstreit mit einander. Ihre Wahrheit ist der Kanon 
und die Richtschnur aller Wahrheit. Daher giebt es keine Wahr 
heit , die mit der Schrift streiten darf. Was dieser widerstreitet, 
ist falsch. Befindet sich nun in einem solchen Widerstreit die na 
türliche Erkenntniß, so entsteht damit zwischen Offenbarung und 
Vernunft, Religion und Philosophie ein unversöhnlicher Wider 
streit, ein heilloser Conflict. 
Wenn aber jener theologische Grundsatz nicht stichhält? Wenn 
die Bibel ein solches Lchrsystem ewiger Wahrheiten, geoffenbarter 
Einsichten in die Natur der Dinge nicht ist? So würde mit die 
sem Ansehen der Bibel auch die Theologie die von ihr beanspruchte 
Herrschaft über die natürliche Erkenntniß und das natürliche Recht, 
über Philosophie und Staat verlieren, und der theologisch-politische 
Tractat würde damit seine Aufgabe gelost uud seine Sache ge 
wonnen haben. Diese Sache hängt also an der Frage nach der 
Geltung der Bibel. Wie ist die Bibel zu verstehen ? Wie ist sie 
zu erklären? 
2. Die Schrifterklärung. 
Die wissenschaftliche Erklärung ist in allen Fällen dieselbe. 
Sie begreift ihr Object aus der (nächsten) Ursache, die es hervor 
bringt, und diese wieder aus ihrer Ursache und folgt so dem Cau- 
salgesetz, nach welchem die Dinge entstehen. Es ist dabei gleich, 
ob das Object die Natur oder die Bibel, die Bewegung eines Kör 
pers oder der Ausspruch eines Propheten ist. Um den Inhalt der 
biblischen Schriften richtig zu würdigen, muß man ihren Ursprung
	        
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