Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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sie und drängt sich immer wieder in den neuen Lebensweg hinein; 
unwillkürlich kehren uns die alten Begierden zurück und nur all- 
t malig können wir uns ganz von ihnen befreien. Diese allmälig 
wachsende Freiheit schildert uns Spinoza nach seiner eigenen Er 
fahrung. „Denn obgleich ich dies" (nämlich die Nichtigkeit der 
Güter der Welt) „so klar in meinem Geist durchschaute, so konnte 
ich doch Habsucht, Sinneslust und Ehrgeiz nicht ganz ablegen. 
Eines aber erfuhr ich: so lange mein Geist in jener Betrachtung 
lebte, war er diesen Begierden abgewendet und ernsthaft versenkt 
in die Gedanken einer neuen Lebensweise. Und dieses Eine ge 
reichte mir zu großem Troste. Denn daraus sah ich, daß jene 
Uebel nicht unheilbar seien. Und obgleich im Anfange die Ab 
schnitte des neuen Lebens nur selten waren und sehr kurz dauerten, 
so wurden sie doch häufiger und länger, nachdem ich das wahre 
? Gut immer mehr kennen gelernt hatte"*). 
Woher kommen denn jene Begierden, die uns betäuben und 
herabstimmen, wie Trauer, Furcht, Haß, Neid u. s. f.? Sie 
entspringen alle aus derselben Quelle: aus unserer Liebe zu den 
vergänglichen Dingen. Mit dieser Liebe verschwindet auch das 
ganze Geschlecht jener Begierden. „Wenn diese Dinge nicht 
mehr geliebt werden, so wird kein Streit mehr entstehen, keine 
Trauer, wenn sie zu Grunde gehen; kein Neid, wenn sie ein 
Anderer besitzt, keine Furcht, kein Haß, mit einem Wort keine 
Gemüthsbewegungen dieser Art, die alle zusammentreffen in der 
Liebe zu den vergänglichen Dingen"**). 
*) Tract. de inteil, emend. II pg. 416. 
* **) Ebendaselbst.
	        
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