Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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sie dazu Einfluß und Macht genug hätten, würden sie kaum die 
Neigung haben, seine Sache zu führen; denn den meisten dieser 
Freunde erscheint die Lehre Spinoza's, namentlich in religiöser 
Hinsicht, unheimlich und selbst verdammenswerth. Wie verlassen 
in dieser Beziehung Spinoza auch in seinem Freundeskreise war, 
zeigen auf das deutlichste die Briefe, die uns vorliegen. 
Nachdem man erfahren hat, daß er der Verfasser des theo 
logisch-politischen Tractats ist, wird so laut gegen ihn getobt und 
die Verfolgung mit allen Mitteln so drohend gegen ihn gerüstet, 
daß alle weiteren literarischen Unternehmungen unmöglich scheinen. 
Jeder Versuch, den er macht, seine Schriften herauszugeben, stößt 
sogleich auf ein Heer von Gefahren, denen sich Spinoza ausgesetzt 
sieht ohne jeden Schutz. Will er seine Lebensruhe nicht ganz 
preisgeben und damit die zur Philosophie nöthige Gemüthsstim 
mung verlieren, so muß er schweigen. Er muß nicht bloß aus 
die akademische Lehrthätigkeit, sondern auch auf die literarische 
völlig Verzicht leisten. Und was er noch zu veröffentlichen hat, 
ist nicht weniger als seine ganze Philosophie. Descartes hat in 
seiner Einsamkeit eine große unsichtbare Gemeinde, die ihn erwar 
tungsvoll umgiebt; Spinoza hat Niemand als einige wenig be 
deutende Schüler, die in der Stille studiren, was er ihnen hand 
schriftlich mittheilt. Er ist auch geistig vereinsamt. Und diese 
Art der Einsamkeit hat etwas Niederdrückendes. Man kann nicht 
ohne tiefes Mitgefühl die Stellen seiner Briefe lesen, wo er ohne 
Klage dieses Schicksal über sich ausspricht: der Rest ist schwei 
gen! Unter solchen ungünstigen Bedingungen, die seinen philoso 
phischen Werken Licht und Lust versperren, begreift sich wohl, 
daß die letzter» kein großes literarisches Wachsthum entfalten 
konnten. 
So kommt es, daß unter seinem Namen, so lange er lebt,
	        
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