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nutz wichtig sind. Sogar gegen die wohlgemeinten Anerbietungen
seiner Freunde verhielt er sich ablehnend. Einer seiner treuesten
Freunde und Schüler war Simon Vries in Amsterdam. Dieser
bot ihm ein Geschenk von zweitausend Gulden, das Spinoza zu
rückwies, weil er es nicht brauchen könne und ihm der Besitz un
bequem sein würde. Als Simon Vries dem Tode nahe war,
wollte er, selbst kinderlos und unverheirathet, seinen Freund zum
einzigen Erben seines Vermögens einsetzen; Spinoza schlug die
Erbschaft aus und bat, daß er sie dem eigenen Bruder hinterlas
sen möge; selbst das kleine Jahrgehalt, welches dieser Bruder ihm
zahlen sollte, setzte er auf eine weit geringere Summe herunter.
Das väterliche Erbtheil machten ihm die Schwestern streitig.
Er ließ sein Recht gerichtlich entscheiden und nachdem es festgestellt
war, schenkte er den Schwestern freiwillig seinen Antheil. Einst
bat ihn einer seiner Freunde, der ihn ärmlich gekleidet fand, ein
besseres Kleid von ihm anzunehmen; Spinoza dankte mit den
Worten: wozu eine kostbare Hülle für ein werthloses Ding?
4. Bedürfnißlosigkeit.
Er verdiente so viel als er brauchte. Mehr wollte er nicht
haben, und er brauchte unendlich wenig. Es giebt für die äußere
Unabhängigkeit keinen besseren Schutz als die Bedürfnißlosigkeit.
Diese Tugend besaß Spinoza im höchsten Grade. In dieser Rück
sicht erinnert er an die Vorbilder großartiger Einfachheit unter
den Philosophen des Alterthums. Man hat ihm nachgerechnet,
daß sein täglicher Lebensunterhalt etwa zwanzig Pfennige kostete.
Seine Oekonomie war die sparsamste. Den geringen Haus
halt, den er in den letzten Jahren selbst führte, hielt er sorgfältig
geordnet, und die kleinen Schulden, die während eines Viertel