Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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unbeugsamer Beharrlichkeit abgerungen. Sie waren sein einziges 
und größtes Gut, die Lebensform, in der sein Geist sich wohl 
fühlte, der einfache und ächte Ausdruck seines Charakters. 
2. Lebenserwerb. 
Bis in die kleinsten Züge auch der äußeren Lebensart hinein 
hat sich dieser Charakter so fest und bestimmt ausgeprägt, daß man 
überall dieselbe einfache und lautere Grundform wiedererkennt. 
Er mußte selbst seinen Lebensunterhalt verdienen als erste Bedin 
gung eines unabhängigen Daseins; denn was hilft alle Geistes 
freiheit, wenn man ohne fremde Hülfe nicht existiren kann? Eine 
weise Vorschrift des Talmud macht den jüdischen Gelehrten zur 
Pflicht, daß sie neben ihrer Wissenschaft ein Handwerk oder eine 
mechanische Kunst lernen, in deren Uebung sie sich von den gei 
stigen Anstrengungen in Erforschung der Schrift erholen sollten. 
Da der Geist nicht fortwährend thätig sein könne, so erschien ge 
rade für die Talmudisten eine solche Nebenbeschäftigung nothwen 
dig , damit in ihrem Leben der Müssiggang, diese Quelle übler 
Gewohnheiten, keinen Raum finde. 
Zu diesem Zweck hatte Spinoza freilich nicht nöthig, die 
Vorschrift des Talmud zu erfüllen. Er brauchte neben der Phi 
losophie, die sein innerer und wahrer Beruf war, ein Geschäft, 
das ihn ernährte; und er wußte auch dieses Geschäft mit seinen 
mathematischen und naturwissenschaftlichen Interessen zu verbin 
den. Er erlernte die Kunst optische Gläser zu schleifen, mit der 
sich auch Descartes, wie wir wissen, viel und eifrig unter den 
Vorstudien zu seiner Dioptrik beschäftigt hat*). Und er soll, wie 
*) Meine Gesch. der neuern Philosophie. (Zweite Auflage) I. Bd. 
Theil I. Erstes Buch. Cap. V S, 167 und 168,
	        
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