Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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von dm Leidenschaften verdunkelt zu werden. Darum ist diese 
Liebe kein glücklicher und ergiebiger Gegenstand für einen Roman, 
denn um daraus eine empfindsame Herzensgeschichte zu machen, 
muß man den Kopf Spinoza's vergessen, und was bleibt dann 
von Spinoza noch für den Roman übrig? 
VII. 
Spinoza's Charakter und Lebensweise. 
1. Unabhängigkeit und Einsamkeit. 
Die Mittel waren erschöpft, welche seine Feinde gegen Spi 
noza aufzubieten vermochten; sie hatten nacheinander versucht die 
Bestechung, den Meuchelmord, das Anathem und die Verban 
nung, die er genöthigt wurde freiwillig zu wählen, wenn man 
nicht förmlich ein Edict dieser Art gegen ihn aussprach. Nie ist 
ein selbständiges Leben schwerer erkämpft, nie reiner und stiller 
geführt worden als hier, wo ein Mensch mit seinen Eltern, seiner 
Gemeinde, seinem Glauben und dem gewöhnlichen Glücke des 
Lebens brechen mußte, um seinen Gedanken leben zu können, 
und diese Schicksale so hinnimmt und erträgt, daß seine Ge 
müthsruhe nicht darunter leidet. 
Die ererbte Religion hat ihn verworfen und er sie. Einem 
andern Glauben tritt er nicht bei; keiner der in der Welt gelten 
den Religionen gehört er mehr an, auch nicht äußerlich dem 
Scheine nach, denn er verschmäht den Schein; er hat die Grund 
lagen verlassen, auf denen die menschlichen Gemeinschaften ruhen; 
er ist wie losgerissen von dem Bande der menschlichen Gesell 
schaft: er ist vollkommen unabhängig und vollkommen einsam! 
Diese Unabhängigkeit und diese Einsamkeit hat er sich bis zum 
letzten Athemzuge gewahrt, nachdem er sie dem Schicksale mit
	        
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