Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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Eigenschaften. Die materielle Welt außer uns könnte vernichtet 
werden und doch könnte in uns die Vorstellung einer solchen Welt 
existiren. Wenn sie vernichtet würde, so wären damit auch alle ihre 
Eigenschaften aufgehoben. Also können alle ihre Eigenschaften 
aufgehoben sein, während die Vorstellung dieser Welt in uns nicht 
aufgehoben ist: ein deutlicher Beweis, daß die Möglichkeit vorge 
stellt zu werden nicht zu ihren Eigenschaften gehört. Die mate 
rielle Welt ist nicht vorstellbar; also die Welt, die wir vorstellen, 
nicht materiell. Demnach kann die Welt als unsere Vorstellung, 
als Erkenntnißobject nur intelligibler Art sein. Da nun diese in- 
telligible Welt weder von noch in unserem Denken erzeugt werden 
kann, so bleibt als ihr einzig möglicher Urheber und Träger nur 
Gott übrig. Zn der kürzesten Schlußfolgerung läßt sich Male- 
branche's Lehre so aussprechen: ohne intelligible Welt keine Er 
kenntniß, ohne Gott keine intelligible Welt, also die Erkenntniß 
nur durch und in Gott*). 
Zu demselben Ergebniß führt der Beweis aus der Schöpfung 
der Welt. Was Gott schafft, muß er vorstellen; die Schöpfung 
setzt den Schöpfer und die Weltidee voraus d. h. Gott und in ihm 
die Ideen der Dinge. Ohne die ewige Gegenwart der Ideen in 
Gott keine Schöpfung, keine Welt, also auch keine uns erkenn 
bare Welt. Soll uns die Welt einleuchten, so müssen uns die 
Ideen der Dinge gegenwärtig sein. Diese Ideen sind nur in Gott. 
Also müssen wir selbst, um die Dinge zu erkennen, in Gott gegen 
wärtigsein. Es giebt zur wahren Erkenntniß keinen anderen Stand 
punkt. Daher Malebranche's bezeichnender Ausdruck: Gott sei 
t der.Ort der Geister, wie der Raum der Ort der Körper**). 
*) Entret. I. 
**) Dieu est tres etroitement uui a nos ames par sa presence, 
de sorte qu’on. peut dire, qu’ il est le lieu des esprits,
	        
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