Volltext: Türkische Kriegsfinanzwirtschaft [94]

die feste Überzeugung, daß dieses Papiergeld spätestens innerhalb 
der vorgeschriebenen Frist vom Friedensschluß an, ja sogar vor 
dieser Frist aus dem Verkehr gezogen werden wird, und zwar 
dank gewisser Maßnahmen, auf die ich sogleich zu sprechen komme. 
Ich muß nun zu meinem großen Erstaunen und Bedauern 
feststellen, daß auf dem Markte infolge von Schiebungen gewisser 
Spekulanten bzw. der ünwiffenheit der Angebildeten Spekula¬ 
tionen mit dem Papiergeld vorgenommen werden, und ich 
d'ehe, daß ohne Grund beim Amwechseln des Papiergeldes Ge¬ 
winne erzielt werden. Ich werde mit allen Kräften meine Mit¬ 
bürger vor dem hieraus entstehenden Schaden zu bewahren ver- 
uchen und bitte auch um Ihre Mitwirkung in diesem Sinne. 
Ja viele Leute, bei denen noch die traurigen Erinnerungen aus 
dem Kriege von 1877 fortleben, befürchten für unser heutiges 
Papiergeld ein ebenso klägliches Ende wie seinerzeit. Diese Leute 
täten besser, sich die Mühe zu geben, die grundverschiedenen Be¬ 
dingungen zu prüfen, zu denen diese beiden Arten Papiergeld 
ausgegeben wurden. Sie würden dann erkennen, daß 1877/78 
das Papiergeld, genannt „Kalme", keiner Kontrolle unterworfen 
war und keinerlei Garantien oder Gegenwert besaß. Es genügte 
der Negierung, die Papiergeldpreffe in Bewegung zu setzen und 
so viele Scheine herzustellen, als sie eben brauchte.*) Es fällt mir 
bei dieser Gelegenheit eine typische Anekdote ein, die ich Ihnen 
erzählen will: Als der damalige Großwesir sich beim Finanz- 
minister darüber beklagte, daß nicht genügend Geld für die Be¬ 
dürfnisse der Regierung vorhanden wäre, antwortete ihm dieser, 
er könnte kein Geld bekommen; als ihn dann der Großwesir fragte, 
ob denn die Druckmaschinen nicht funktionierten, erwiderte der 
Minister: „Die Maschinen arbeiten unaufhörlich, aber sie kommen 
bei der Deckung der Bedürfnisse nicht mehr mit." 
In der Tat genügten die Maschinen zum Drucke des Papier¬ 
geldes, das man damals ohne Begrenzung und ohne Kontrolle 
*) Von August 1876 bis September 1877 (Periode der Balkanwirren 
und des Russisch-Türkischen Krieges) gab die Negierung für insgesamt 
16 Mill. türk. Pfund Papiergeld aus, das bald ein großes Disagio ver- 
zeichnete; auf 100 Piaster Gold (1 Pfund) kamen schließlich 1000 bis 
1200 Piaster Papier. Gemäß Verfügung vom 20. März 1879 zog es die 
Regierung zum Kurse von 400 Piaster Papier für ein Goldpsund ein. 
Der Übersetzer. 
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