Volltext: Unsere Soldaten

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Schlesische Infanterie- 
Schöne, mit ganz besonderem Erfolge belohnte Taten voll¬ 
brachten zwei wackere Unteroffiziere vom 100. Infanterieregimente, 
die nun als sichtbare Anerkennung die goldene Tapferkeitsmedaille 
tragen. 
Am 24. Oktober 1914 geriet die Pionierabteilung dieses Regi¬ 
mentes bei Augustöw in eine sehr mißliche Lage: russischer Über¬ 
macht war es gelungen, sie von den Unseren vollständig abzu¬ 
schneiden. Der Ernst dieser Situation wurde noch dadurch ge¬ 
steigert, daß an diesem Tage gerade der Pionierabteilung die 
Regimentsfahne anvertraut war. Und nun schwebte sie, das 
Heiligtum des Regimentes, in der größten Gefahr! Jeder einzelne 
hatte freilich den festen Willen, sie mit seinem Blute zu verteidigen, 
aber au Rettung glaubte doch kaum einer mehr, denn bloß noch 
ein tollkühner Durchbruchversuch konnte die feindliche Umklamme¬ 
rung sprengen. Und dazu schien es zu spät; Verwirrung und 
Ratlosigkeit hatten bereits bei den Unseren Platz gegriffen. 
Glücklicherweise aber war Titular-Feldwebel Emanuel Se- 
wiora mit dabei. Der ist ein Soldat, der auch in solch verzweifelten 
Lagen nicht den Kopf verliert. Einige im Regimente wollen sogar 
wissen, daß gerade die gefährlichsten Situationen seine Lieblings¬ 
träume sind! Aus Egoismus beinahe. Denn nur in ganz kritischen 
Fällen darf ja der bescheidene, brave Unteroffizier seinen Posten 
verlassen und, über sich selbst hinauswachsend, zu dem Helden 
werden, der er in Wirklichkeit ist. Und als ganz großer Held 
zeigte er sich auch wieder jetzt, in diesem Augenblicke höchster Not. 
Rasch ruft er den nächstbefindlichen Leuten etwas zu: Ein paar 
aufmunternde Worte, nichtssagende Worte vielleicht Aber 
es kommt nicht daraus an, was er sagt. Die Leute hören ihn ja 
gar nicht an, sie horchen bloß auf den Ton. In dem Klange seiner 
Stimme ist alles, was ihnen eben verloren geht: Überzeugtheit, 
Kraft, Mut, Entschlossenheit. Und ehe sie wissen, durch welche 
Hexerei sie dahin gebracht werden, rennen sie mit „Bajonett aus 
hinter dem kühnen Feldwebel her, brüllen „Hurra!" und werfen 
sich den Gewehrmündungen entgegen, die ihnen wie gierige Augen 
aus einem Straßengraben entgegenlauern. Das ist Wahnsinn, aber 
gerade, weil es Wahnsinn ist, gelingt das Unterfangen. Denn so
	        
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