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Das Keldielephon-
Die gewöhnliche Vorstellung des Heldentums, herangebildet
an Darstellungen der malerischen und plastischen Kunst, sieht den
Heroismus fast immer nur in dem Stürmenden, der mit blanker
Waffe dem Feinde sich entgegenwirft, und doch ist sicherlich in dem
ruhigen, pflichteifrigen Ausharren im gegnerischen Feuer ohne die
Möglichkeit, sich zur Wehr zu setzen, ein nicht minder hoher Grad
der körperlichen und seelischen Anspannung. Unter den Vielen,
deren Leistung eherne Unerschrockenheit und eiserne Geduld bei
der vorgeschriebenen Tätigkeit verlangt, ist diejenige unserer Tele¬
phonoffiziere in erste Reihe zu stellen. Während drüben die besten
Schützen die einzelnen aufs Korn nehmen, Maschinengewehre das
Vorfeld unablässig bestreichen, die kleinen Wolken der Schrapnells
über ihre Häupter Tod und Verderben niedersausen lassen, müssen
sie jene Nervenfäden des Gefechtes legen, die erst die einzelnen
Korps zu einem einzigen, lebendig tätigen Organismus verbinden.
Von diesen Wackeren war der Oberleutnant Hans Friedrich vom
98. Infanterieregiment, der Kommandant der Divisions-Telephon¬
abteilung Nr. 10, einer der wackersten. In den Kämpfen bei
Wiszenka war es geradezu die vorderste, dem Nahfeuer des Feindes
fast ungedeckt ausgesetzte Linie, die verläßlich mit dem neunten
Korpskommando verbunden sein mußte. Trotz der schwierigen
Kampfverhältnisse auf dem ungünstigen Terrain gelang es dort
dem umsichtigen Offizier, ohne den geringsten Verlust an Material,
die Verbindungen auszubauen und wieder abzunehmen, so daß
ohne jede Unterbrechung die direkte Befehlgebung, der innige Zu¬
sammenhang der vorgeschobenen Positionen mit den Hauptgruppen
erhalten blieb. Die Gefechtsleitung wurde durch diese seine ge¬
wissenhafte, unerschrockene Tätigkeit ungemein erleichtert, und so
darf sich dieser einzelne, in unscheinbarer Arbeit wirkende Offizier
eines wesentlichen Anteiles an dem allgemeinen Erfolge jener
Tage rühmen.