Volltext: Im Lenz geknickt

in Anspruch genommen, und auch Vortrüge hielt er, 
von denen einer „Über das Wesen der nordischen 
Göttersage" wieder zündete. Aber es währte nicht 
lange. Im Januar schon kam sein böses Übel, ein 
neuerlicher Blutsturz warf ihn nieder. Er erholte sich 
langsam, gieng wieder in die Schule und im Sommer 
nach Freistadt wie alljährlich — es war das letztemal. 
Aber es war noch ein schöner Sommer für ihn, er war 
heiter und eine Schaffensfreude hatte ihn erfaßt wie nie. 
Er zeichnete mehr als sonst und brachte eine reiche Ernte 
nach Hause, darunter eine Perle: das Schlößchen 
Dornach bei Freistadt in einer Bleistiftzeichnung, die 
von Kennern geradezu meisterhaft genannt wird. Auch 
eine freie Copie des Liezen - Mayer'schen Bildes: 
„Faust, den Osterglocken lauschend" und mehrere 
Baumstudien zeigen ihn als Meister der Bleistiftzeichnung. 
Die Thore und das alte Gemäuer an der Oftseite Frei- 
stadts lieferten ihm architektonische Motive, die er zum 
Theil in Öl ausführte. Eine Bleistiftzeichnung zeigt 
uns „Badende Nymphen" in einem im Dämmer¬ 
lichte des Waldes liegenden kleinen See; eine andere ist 
„Aveläuten" betitelt: Ein deutsches Fräulein in mittel¬ 
alterlicher Tracht steht aufrecht im gewölbten Gemach, 
die Hände vor dem Schoße gefaltet, sichtlich lauschend 
den Klängen, die vom fernen Kirchthurm durch das 
halbgeöffnete Spitzbogenfenster mit achteckigen Scheibchen 
Herüberschweben. Ihre liebliche Gestalt ist vom Wider¬ 
schein des Abendhimmels hell beleuchtet, während im 
Gemache mehr oder weniger Halbdunkel herrscht. Ein 
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