Volltext: Im Lenz geknickt

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Mund die schlaff herabhängende Hand mit heißen Küssen 
bedeckte, da strömte das erquickende Naß reichlich aus 
ihren Augen. „Vater, verzeih, flüsterte sie, daß ich ihn 
mehr geliebt als dich! Leb' wohl, bald sehen wir uns 
wieder. Der Allerbarmer wird meine Schuld verzeihen 
und mich zu sich nehmen, er weiß, warum es geschieht!" 
Dann stand sie auf und verließ das Gemach. — 
Draußen an der Straße, die nach Linz führt, liegt am 
Waldessäume ein stilles, dunkles Gewässer, sie nennen 
es den Weihteich. Der Mond war, in rothlichen Dunst 
gehüllt, am Horizonte aufgestiegen und spiegelte sich in 
der Flut. Vom Busch her rief ein Käuzchen. Flattert 
es dort nicht auf, wie lichtes Gewand? — Nein, denn 
jetzt ist's weg. Und doch dort hinter dem Gesträuch! 
Was war das? Ein Plätschern, ein dumpfer Fall im 
Wasser! Eine Ente, die im Schilf geschlummert, fliegt 
kreischend auf. In leisen Ringen kommen die Wellen 
zum Ufer gezogen, des Mondes Bild zittert, zum feurigen 
Streif verzerrt. Mählig werden die Ringe schwächer und 
schwächer — der Spiegel liegt glatt und unbewegt wie 
zuvor. Vom Wald tönt noch immer des Käuzchens Nus. 
Am andern Morgen zogen Landleute der Umgebung 
aus dem Weihteich den entseelten Körper eines jungen 
Mädchens. Es war Katharina. 
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