Volltext: Im Lenz geknickt

zu schaffen. Nur Katharina war auf ihrer Kammer 
und raufte ihre blonden Flechten und sank in die Knie 
vor den: Crucifixe ihres Betschemels, das kalt auf sie 
niederbückte. Sie umklammerte es, als wolle sie das 
Holzbild zerbrechen. „Hilf du!" kreischte sie auf. „O, 
du kannst es auch nicht, du hättest es sonst nicht bis 
dahin kommen lassen!" 
„Es gibt eine schreckliche Minute, wo uns Gott 
verläßt," hatte Konrad diese Nacht gesagt. Für Käthchen 
war sie gekommen, diese Minute. Auf dem Bette in der 
großen Stube lag ein stiller Mann, — es war Lebrecht. 
Die Kunst des Arztes hatte ihn nicht retten können. 
Wer, so wie er, das Unrecht und die Schande gehaßt all 
seine Tage, dessen Herz war nicht kräftig genug, sie zu 
ertragen, da er sie an denen sah, die ihm sein Theuerstes 
gewesen. Und was die beiden dazu getrieben, wer hatte 
es ihm gesagt, und hätte er es in des Gemüthes Er¬ 
regung wohl erfaßt? 
Susanne war schon mehrmals an der Thüre zu 
Küthchens Kammer gewesen, sie war verriegelt. Auf 
keine Bitte, kein Drohwort hin, war ihr geöffnet worden. 
Es war spät. Da sprach sie an der Leiche noch 
ein „Herr, schenk ihm die ewige Ruh" und besprengte das 
Antlitz derselben mit Weihwasser, dann suchte sie ihre 
Stube, die Todtenwacht einem gedungenen Weibe über¬ 
lassend. Die schlief längst, als sich die Thüre geräuschlos 
öffnete und mit verstörten Zügen Katharina eintrat. 
Keine Thräne netzte die brennenden Lider. Aber als sie 
jetzt leise anl Lager des Todten niederkniete, als ihr 
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