Volltext: Meine Kriegserinnerungen

Die Erstarrung der Front — Erster Generalquartiermeister 
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Truppen durchsetzt, daß ihre Lage als gesichert angesehen werden konnte. Der 
Zahl nach wären die k. u. k. Truppen durchaus in der Lage gewesen, ohne 
deutsche Hilfe ihre Stellungen zu halten. Das konnten sie in ihrer Verfassung 
nicht. So mußten wir kommen. Wir halfen aus; das Blut aber, das deutsche 
Truppen im Rahmen der k. u. k. Armee vergossen, war nicht wieder zu ersetzen. 
Auf den Stellungsausbau wurde der größte Wert gelegt, wir mußten 
dabei der k. u. k. 2. Armee erheblich mit Stacheldraht aushelfen: auch die 
rückwärtigen Verbindungen wurden organisiert. Es galt, alles das zu schaffen, 
was im vorigen Herbst weiter nördlich eingerichtet wurde, als die Armeen 
des Oberbefehlshabers Ost aus dem Angriffs- in den Stellungskrieg kamen. 
Mit der Ausbildung der Marfchformationen nach unseren Grundsätzen 
wurde begonnen; sie sollten von deutschen Generalen besichtigt werden. 
Deutsche Artillerie-Brigadekommandeure lehrten die k. u. k. Artillerie, die im 
übrigen schießtechnisch hoch stand, die Feuerleitung nach den Bedürfnissen des 
Großkampfes. Mit einem allerdings sehr beschränkten Offizieraustausch wurde 
begonnen. Es geschah alles, was nach Lage der Dinge möglich erschien, die 
k. u. k. Armee vor Rückschlägen zu bewahren, wie wir sie im Juni erlebt hatten. 
Groß- und Kleinarbeit war in Menge zu leisten, die Stunden in der 
Zitadelle von Brest-Litowsk vergingen im Fluge. 
Am 27. August erklärte Rumänien an Österreich-Ungarn den Krieg. Die 
Doppelmonarchie erntete damit den Lohn für die einseitige Politik Ungarns 
und wir die Frucht unseres tatenlosen Zusehens. 
Am 28. um 1 Uhr mittags übermittelte der Chef des Militärkabinetts, 
General v. Lyncker, durch Fernsprecher dem Generalfeldmarschall v. Hinden- 
burg und mir den Befehl Seiner Majestät des Kaisers, unverzüglich nach Pleß 
zu kommen. Am selben Tage 4 Uhr nachmittags verließen wir Brest, um 
nicht wieder an die Ostfront zurückzukehren. Hinter uns lagen zwei Jahre 
großer, gemeinsamer Arbeit und gewaltiger Erfolge. 
Als Erster Generalquartiermeister 
vom 29. August 1916 bis 26. Oktober 1918. 
Der Entente-Ansturm im Herbst 1916. 
Bei unserer Ankunft in Pleß am 29. August früh gegen 10 Uhr empfing 
uns General v. Lyncke-r. Er teilte mit, daß der Generalfeldmarschall zum Chef 
des Generalstabes des Feldheeres ausersehen sei; ich sollte Zweiter Chef 
werden. Mir erschien die Bezeichnung „Erster Generalquartiermeister" zweck 
mäßiger. Meiner Ansicht nach durfte es nur einen Chef des Generalstabes 
geben, ich hatte mir indes ausdrücklich volle Mitverantwortung für alle zu 
fassenden Entschließungen und Maßnahmen zusichern lassen. Seine Majestät 
sagte beim Empfang, daß er auf Überwindung der Krise an der Front hoffe. 
In gleichem Sinne äußerte sich der' Reichskanzler, der in diesen Tagen in 
Pleß anwesend war. 
Meine Stellung war eine undankbare, dessen war ich mir voll bewußt; 
ich trat sie an mit dem heiligen Streben, nichts anderes zu tun und zu denken, 
als den Krieg zu einem siegreichen Ende zu führen. Hierzu allein waren oer 
Kriegsermnerrmgen 1914--18. 5
	        
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