Volltext: Meine Kriegserinnerungen

Der Plan zur Schlacht 
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beendet wurde, sondern sich bis zum 30. hinzog, stand Rennenkampfs ge 
waltige Armee wie eine drohende Gewitterwolke im Nordosten. Er brauchte 
nur anzutreten, und wir waren geschlagen. Aber Rennenkampf marschierte 
mit seinem Gros nur unwesentlich vor, und wir errangen einen glänzenden 
Sieg. Die Sorgen, mit denen ich während dieser langen Tage auf die Njemen- 
Armee sah, kannten nur wenige. 
Um das XVII. A. K. und I. R. K. zur vollen Wirkung kommen zu lassen, 
mußte die andere Gruppe der 8. Armee selbstverständlich angreifen. Zunächst 
durfte sie sich allerdings nicht schlagen lassen. Das verstärkte XX. A. K. hatte 
sehr schwere Tage durchlebt. Am 23. stand es auf den Höhen nordöstlich 
Gilgenburg, mit der Front scharf nach Süden, während der Feind von Neiden- 
burg, also von Südwesten her, anrückte. Wohl gelang es General v. Scholtz, 
überlegene feindliche Kräfte abzuschlagen. Er mußte aber doch seinen linken 
Flügel scharf zurücknehmen. Diese Bewegung, so unbequem sie für die 
Truppe war, hatte auch ihr Gutes: Der Russe fühlte sich als Sieger. Er 
glaubte an keinen weiteren deutschen Widerstand, geschweige denn an 
einen deutschen Angriff. Er sah den Weg in das deutsche Gebiet östlich der 
Weichsel frei. 
Am 24. wurde uns ein aufgefangener feindlicher Funkspruch zugesandt, 
der uns ein klares Bild von den gegnerischen Maßnahmen in den nächsten 
Tagen gab. Die Narew-Armee marschierte links gestaffelt mit ihrem rechten 
Flügel auf Bischofsburg, mit ihrem linken über Waplitz. Noch weiter links 
rückwärts marschierte von Mlawa über Soldau das 'rufftfdje I. A. K. 
Es kam darauf an, in diese Bewegung mit der südlichen Gruppe der 
8. Armee von Westen her hineinzustoßen. Die Versuchung war stark, dabei 
südlich Soldau herumzugreifen, um auch das I. russische A. K. zu umfassen. 
Aber die Kräfte reichten dazu nicht aus. So schlug ich dem General v. Hinden- 
burg vor, mit dem I. A. K. von Deutsch-Eylau, Montowo her, mit dem rechten 
Flügel des XX. A. K. von Gilgenburg auf Usdau anzugreifen und das russische 
I. A. K. nach Süden über Soldau zurückzuwerfen. Darauf hatte unser I. A. K. 
in Richtung Neidenburg durchzustoßen, um so wenigstens die Hauptmasse der 
Narew-Armee im Verein mit dem XVII. A. K. und I. R. K. zu umfassen. Wir 
mußten uns hier beschränken, wenn wir gewinnen wollten. 
Es entwickelte sich nicht alles so glatt, wie ich es hier darstellen kann. 
Alle Truppen waren ungemein mitgenommen und durch das stete Kämpfen 
auch zahlenmäßig geschwächt. Die Befehlsübermittlung stieß auf Schwierig 
keiten. Feindliche Kavallsriepatrouillen machten das Gelände unsicher. Es 
blieb fraglich, ob der Feind uns Zeit Zur Ausführung unserer Absichten 
lassen würde. 
Besonders störend waren die Flüchtlinge hinter der Gruppe v. Scholtz. 
Sie zählten viele Tausende, waren zu Fuß und zu Wagen und sperrten die 
Straßen. Sie klebten an der Truppe. Ein plötzlicher Rückzug der Armee 
gruppe hätte die schmerzlichsten Folgen für die Flüchtlinge und die Truppen 
haben müssen. Viele traurige Bilder sind mir hasten geblieben. 
Der Angriff auf Usdau sollte am 27. 4 Uhr früh beginnen. Wir wollten 
hier dem schlachtentscheidenden Kampf beiwohnen, um auch das Zusammen 
wirken des I. und XX. A. K. an Ort und Stelle zu überwachen. Bereits bei 
unserer Abfahrt aus Löbau nach Gilgenburg kam die freudige Nachricht, 
Usdau sei gefallen. Ich hielt die Schlacht für gewonnen. So weit waren wir 
Kriegserinnerungen 1914—18. 2
	        
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