Volltext: Meine Kriegserinnerungen

Der Rückzug von der Marne hinter die Veste 
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Die erforderlichen Befehle ergingen. Auf den Angriff der Heeresgruppe 
Rupprecht mußte verzichtet werden. Ob und wie es gelingen würde, nach 
Beziehen der Veslestellung die Initiative wiederzugewinnen, darüber konnte 
ich mir jetzt noch keine Rechenschaft ablegen. 
In der Nacht vom 26. zum 27. wurde die Zurücknahme der Linie von der 
Marne nordwärts planmäßig und in größter Ordnung durchgeführt. General 
Foch schritt an den nächsten Tagen zu neuen heftigen und wiederum erfolglosen 
Angriffen. Der Feind hatte nach Truppenmeldungen schwere blutige Verluste. 
Naturgemäß war auch bei uns die Beanspruchung der Kräfte sehr groß. Die 
Zuführung von frischen Divisionen war, wie auch bei den früheren Abwehr 
schlachten, unablässig nötig. 
In der Nacht vom 1./2. August wurde die Front hinter die Vesle zurück 
verlegt. Der Feind folgte dichtauf und drängte scharf vor. Er wurde überall 
abgewiesen. 
Die bewegliche Abwehrschlacht zwischen Marne und Vesle war beendet. 
Die Schlacht war eine Glanzleistung der beteiligten Führer und Truppen. 
Der Schatten, den der 18. Juli geworfen hatte, war wieder verwischt. Der 
deutsche Soldat hatte sich trotz seiner großen Beanspruchung nach diesem Tage 
gut geschlagen und fühlte sich dem Feinde überlegen. Bei einigen Divisionen waren 
allerdings wenig erfreuliche Erscheinungen zutage getreten. Ich erhielt unter 
anderem später ein Schriftstück zugesandt, das auf den Geist einer dieser Divi 
sionen ein überaus ernstes Schlaglicht warf; ich gab es an die 7. Armee zur 
Untersuchung weiter. 
Wie in jeder Schlacht, so waren auch in den Kämpfen seit dem 15. Juli 
die Verluste recht erheblich gewesen. Namentlich hatten uns der 18. und die 
daran anschließenden Abwehrkämpfe viel gekostet. Die Abgänge waren so 
große gewesen, daß wir uns entschließen mußten, etwa zehn Divisionen aufzu 
lösen und ihre Infanterie anderen zur Ersatzgestellung zuzuweisen. Die übrigen 
Waffen wurden im wesentlichen geschlossen beibehalten. 
Die aus der Schlacht gezogenen Divisionen und sonstigen Truppen wurden 
hinter der ganzen Westfront verteilt. Es begann hiermit von Ende Juli ab 
eine ganz außerordentlich starke Eisenbahnbewegung, die sich Anfang August 
noch erheblich steigerte und sich von da ab kaum mehr vermindern sollte. Die 
Truppen, die stark mitgenommen waren, sollten sich ergänzen, ausruhen und 
von neuem festigen. 
Es war mir nicht gelungen, über den feindlichen Kräfteausfall seit dem 
15. Juli im einzelnen Klarheit zu gewinnen. Er muß aber bei der Massen 
taktik der Entente hoch gewesen und hinter unseren Verlusten keines 
wegs zurückgeblieben sein. Die Schlacht hat dem Feinde ebensoviel 
gekostet wie uns. Frankreich hatte auffällig viel Senegalneger und äuch 
Marokkaner eingesetzt und seine eigenen Landeskinder zu schonen versucht. Die 
sechs amerikanischen Divisionen, die in der Schlacht eingesetzt waren, hatten be 
sonders schwer gelitten, ohne Erfolge davonzutragen. Es scheint eine Division 
zu ihrer Ergänzung aufgelöst worden zu sein. Trotz der Kampffreudigkeit der 
einzelnen Amerikaner war der Gefechtswert der amerikanischen Truppen 
gering. 
Auch der Abgang bei den englischen und italienischen Divisionen war hoch. 
Der Versuch, die Völker der Entente durch deutsche Siege vor Ankunft 
der amerikanischen Verstärkungen friedenswillig zu machen, war gescheitert.
	        
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