Volltext: Spione und Verräter

das Oberkommando, mit dem Kaufmannsjargon an 
fangen? 46 
Der greise Jude sah mir fest in die Augen: „Ich 
muß jetzt, um unserer Armee, unserem Reiche in 
höchster Not zu helfen, Euer Hochwohlgeboren ein 
bis nun streng bewahrtes Geheimnis preisgeben. Das 
darf ich aber nur tun, falls Sie mir, beim Gott Ihrer 
Väter, einen feierlichen Eid leisten: daß es außer 
Ihnen und dem höchsten Befehlshaber nie jemand 
anderer erfahren wird. 44 
Halb interessiert, halb belustigt über die Wichtig 
keit, die von dieser Krämerseele da einer anscheinend 
bloßen Geschäftssache beigemessen wurde, hob ich 
die zwei Finger meiner Rechten: 
„Ich schwöre Ihnen, Herr Konschew, daß ich das, 
was Sie mir jetzt anvertrauen wollen, einzig und al 
lein meinem direkten Vorgesetzten unter dem Siegel 
der strengsten Verschwiegenheit mitteilen werde. 44 
„Also hören Euer Hochwohlgeboren. 44 Der alte 
Jude flüsterte es mit einer gewissen Feierlichkeit in 
der Stimme. „Wir Großkaufleute, die ja im Frieden 
über die Reichsgrenze hinaus zueinander Handels 
beziehungen unterhalten, müßten durch gänzliche 
Unterbindung solchen Verkehrs infolge des Kriegs 
zustandes binnen kurzer Zeit ruiniert sein. Ein Ban 
krott, der sich in gleicher Schädlichkeit ebenso auf 
den eigenen Staat auswirken würde. Deshalb haben 
bestimmte jüdische Geschäftshäuser in den Haupt 
städten Europas schon im Jahre 1913 eine anschei 
nend unverfängliche Verständigungssprache festge- 
5 Seeliger, Spione und Verräter 
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