Volltext: Spione und Verräter

136 
derung vom ersten bis zum letzten Wort historische 
Wahrheit ist. 
Ich bin geborener Russe und habe in meiner Jugend 
den kaufmännischen Beruf erlernt. Aus besonderer 
Vorliebe für den Soldatenstand aber trat ich freiwil 
lig in die zarische Armee. Wegen meiner Befähigung 
für den Kanzleidienst und infolge von Sprachkennt- 
nissen war ich zu so vielseitiger Verwendung brauch 
bar, daß man mich bald zum Unteroffizier beförderte. 
Ich bemühte mich unermüdlich, immer nur das 
Beste zu leisten und meine Vorgesetzten zufrieden 
zustellen. Dennoch hatte ich viel zu leiden, und zwar 
aus dem einzigen Grunde: weil ich jüdischen Glau 
bens bin. Besonders mein direkter Vorgesetzter, der 
Stabskapitän Gorikow, ein Trinker, behandelte mich 
wie einen Hund. Ich biß die Zähne zusammen und 
verdoppelte, des Dienstes wegen, meinen Eifer. 
Eines Morgens aber betrat mein Kompaniechef 
schwer berauscht die Kanzlei. Ich legte ihm eben ein 
sorgfältig ausgearbeitetes Konzept zur Unterschrift 
vor. Er tauchte die Feder ein, aber seines alkoholi 
sierten Zustandes wegen schüttete er die Tinte über 
meine mühevolle Arbeit. Statt nun sein Mißgeschick 
zu bedauern, sprang er wutschnaubend auf und ver 
setzte mir mit seiner Reitpeitsche einen klatschen 
den Hieb übers Gesicht. 
Fast besinnungslos vor Scham krampfte ich schon 
mit den Händen nach seinem Halse, besann mich 
aber in der letzten Sekunde. 
Doch das Maß der ungerechten Mißhandlungen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.