Volltext: Hier spricht der Feind

Bald wird das Feuer unterbrochen, wird langsamer. Wachtfeuer beginnen zu 
brennen. Wir können sie durch die Bäume hindurch wahrnehmen, sie bilden eine 
regelmäßige Linie zwischen der Hauptstraße und uns. Gleichwohl ist die Schlacht 
nicht mit einem Schlag zu Ende. Von Zeit zu Zeit krachen Salven, hier und dort, 
einfach zur Sättigung! Sie hallen bald fern, bald nah, an den Rändern des 
Waldes. Wir bilden uns ein, daß man den Wald von den darin versteckten 
Franzosen säubern will, und machen uns darauf gefaßt, daß man vom nahen 
Waldsaum kommt, um uns aus nächster Nähe im Dunkeln abzuschießen. Einen 
Augenblick scheint es uns wirklich, daß eine Abteilung sich nähert. Wir hören 
Stimmen, aber es sind die von biwakierenden Mannschaften. Von Zeit zu Zeit 
werden sie lauter. Bald begreife ich, daß sie die Suppe kochen. 
Ich werde Plötzlich von Gewisiensbisien wegen unserer Untätigkeit gepackt und 
beschließe eine Rekognoszierung, um festzustellen, ob wir im Schutz der Nacht viel¬ 
leicht entkommen können. Ich schleiche mühsam bis an den Waldrand und sehe, daß 
wir überall durch die Wachtfeuer von der Rettung abgeschnitten sind. Während der 
ganzen Nacht hörten wir lange Klagerufe, die von der Ebene herüberkamen, in 
regelmäßigen Abständen, so daß ich sie zuerst für Wachtrufe hielt. Aber es waren 
die Verwundeten. Von Zeit zu Zeit bellte aus dem Hintergrund des Dunkels 
die Kanone wie ein mächtiger Wachthund. 
Ich rechnete damit, bei Tagesanbruch einen Gewehrschuß zu bekommen. Dann 
schwacher Hoffnungsschimmer. Tagesanbruch. Blaffer Himmel zwischen den 
Ästen. Richt fern von uns ein Haufen grauer Dinge, die ich für Tote halte. Ich 
erinnere mich nicht mehr, was es war. Kartuschkisten. In der Dämmerung mache 
ich mich auf die Suche nach Iuste. Ich hatte meinen Tornister bei ihm gelaffen. 
Ich finde ihn, ein wenig durch Zufall. Eymard mit ihm. Wir sammeln uns auf 
der Straße. Schwanken zwischen den zwei Richtungen. 
25. August. Der erste Tote, aus den wir stoßen, ist ein Deutscher vom 16. Korps, 
an der linken Böschung der Straße. Der zweite ein französischer Unteroffizier, 
drinnen im Wald. Man sieht, daß er sich so bequem wie möglich zum Sterben 
gebettet hat. Der Weg führt heraus. Man bemerkt ein weites Gelände zwischen 
zwei rechtwinkligen Waldrändern. Auf dem Kamm im Hintergrund eine 
Kompagnie in Marschkolonne, abmarschbereit. Näher Gruppen von Wachen und 
eine Gruppe Krankenträger, die kommen und gehen und mit der Versorgung der 
Verwundeten fertig find. Ein Träger führt uns bis an den Wald. Den Wald 
entlang die Offiziere. Ein Ulan führt uns weiter. Abmarsch der deutschen Truppen 
ins Gefecht. Endloser und regelmäßiger Vorbeimarsch. Artillerie. Einheitliche 
Kleidung. Gefühl von Macht, die durch viele Schulung und gute Organisation 
erreicht ist. Eine Armee, geschaffen für den Krieg, und nicht eine Armee, die Krieg 
führt, der es paffiert, einen führen zu müffen. Männer lösten sich aus einer 
Gruppe und kamen herbei, um uns zu sehen. Eine beinahe friedliche Neugierde. 
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