Volltext: Hier spricht der Feind

Kriegsausbruch in Paris 
Aus dem Werk: „Hisioire anecdotique de la 
guerre de 49'14—'19tS/t Von Franc-Nohain 
und Paul Delay. Verlag P. Lethielleux, Paris* 
Der Präsident der französischen Republik, Poincare, erfuhr am 26. Juli in Kopen¬ 
hagen den Beginn der Feindseligkeiten zwischen Österreich und Serbien, er mußte 
Entschuldigungstelegramme an die Könige von Schweden und Norwegen richten 
und direkt nach Frankreich zurückkehren. 
Den ersten Krawall in Paris verursachten die Machenschaften eines österreichischen 
Börsenmaklers namens Rosemberg, der eine erbitterte Vaiffekampagne organisiert 
haben sollte und sich über die Verlusttragenden auch noch lustig machte. Im Augen¬ 
blick versammelte sich eine feindliche Menge vor dem Stand Rosembergs, man 
schrie: „Rach Berlin!", sang die Marseillaise; faule Eier und 
kleine Mehlsäcke wurden auf den Makler geschleudert. Die Polizei räumte den 
Saal, und Rosemberg entfernte sich, von einem Polizisten geleitet, unter dem Wut¬ 
geschrei der Menge, in einem Taxi. Am Abend desselben Tages, dem 27. Juli, 
fand eine revolutionäre Kundgebung und patriotische Gegenkundgebung auf den 
Boulevards statt, bei der 30 Polizisten verwundet und 600 Manifestanten fest¬ 
genommen wurden. Am 29. Juli wurde der ankommende Präsident der Republik 
von der Liga der Patrioten empfangen, wobei Maurice Varres eine feurige Rede 
und Mahnung zur Einheit hielt und der Dichter Edmond Rostand sich mit 
ihm auf dem Bahnsteig verbrüderte. 
Am 30. Juli meldeten gleichzeitig ein deutsches Blatt, der „Lokal-Anzeiger", und 
ein französisches, „Paris-Midi", die Mobilmachung in ihren Ländern; die beiden 
Ausgaben wurden von der Berliner und Pariser Polizei unterdrückt. Am 31. Juli 
machte sich in Paris alles auf den Krieg gefaßt, und die Warenhäuser wurden 
von jungen Menschen belagert, die Einkäufe für die Mobilmachung machen 
wollten, Flanellhemden und Leibbinden, Ledergürtel, Strümpfe, Schuhe. An 
diesem Tag wurde die überstürzte Rückkehr Wilhelms nach Berlin bekannt, ferner 
die ersten Akte der Feindseligkeit seitens der Deutschen an der französischen Grenze, 
wie Zerstörung der Telegraphen- und Telephonlinien und Schienenstränge, die 
Generalmobilmachung in Belgien, die Aufstellung der englischen Flotte in der 
Nordsee. 
Die dichte Menge auf den Boulevards war interessant zu beobachten. Sie war 
erregt, aber verhielt sich ruhig. Keine lärmenden Kundgebungen wie am Vor- 
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