Volltext: Hier spricht der Feind

Um 8 Uhr 16 wurde ein zweiter Angriff von Osten her gemeldet; wieder waren 
es drei Geschwader, die aber diesmal gleichzeitig angriffen. Auch ihnen begegnete 
man mit Sperrfeuer, das ihren Angriff westwärts ablenkte, und um 8 Uhr 35 be¬ 
fanden sie sich wieder auf dem Rückfluge. Um 8 Uhr 37 wurde das Nahen eines 
dritten Angriffs gemeldet, wieder waren es drei Geschwader. Verschiedene unserer 
Geschütze verfeuerten bei dieser Gelegenheit je über 500 Schuß während zwei¬ 
stündiger Feuertätigkeit. In vielen Fällen wurden die Kanonen rotglühend, und 
das Feuer mußte zeitweilig ausgesetzt werden, um sie abkühlen zu lassen, trotzdem 
beständig Ströme kalten Wassers über sie gegosien wurden. Durch die dauernden 
Erschütterungen ging alles Zerbrechliche auf den Geschützstationen in Stücke. Die 
Leute waren von den Blitzen der Kanonen zeitweilig geblendet und von den un¬ 
unterbrochenen Explosionen betäubt, bis sie ganz verwirrt und kampfunfähig 
waren. Verbrannte Hände, von den heißen Rohren, waren eher Regel als Aus¬ 
nahme. An mich wurden mehrere Fälle von Geschossen, die sich in den glühend¬ 
heißen Rohren festgeklemmt hatten, berichtet: „Ladung im Rohr steckengeblieben, 
was soll geschehen?" Ich gab jedesmal sofort dieselbe Antwort: „Eine neue 
Granate hineinstecken und die andere herausfeuern!" (Was natürlich offiziell 
nicht anerkannt ist!) Bei dieser Gelegenheit wurde die Mannschaft selbstver¬ 
ständlich instruiert, Vorsicht zu üben, d. h. sich abseits zu halten, da die Gefahr 
bei einer solchen Reinigungsmethode der Geschützrohre beträchtlich ist. Um 
8 Uhr 50 waren auch diese Angreifer wieder im Rückzug begriffen. Der Schaden, 
der durch die drei Angriffe insgesamt angerichtet wurde, betrug 24 Tote, 82 Ver¬ 
wundete; Sachschaden eineinhalb Millionen Mark. 
Während dieser nächtlichen Flugzeugangriffe hatten wir wohl bemerkt, daß 
gleichzeitig Verbesserungen an den Zeppelinen vorgenommen worden waren. Das 
Ziel war, sie zu befähigen, in oberste Höhen zu fliegen, die nicht von Flug¬ 
zeugen erreicht werden konnten. Außerdem bemerkten wir, daß ihre Unter¬ 
seite jetzt mit schwarzer Farbe bemalt war, um sie unsichtbar zu machen, auch 
wenn sie im vollen Lichte unserer Scheinwerfer standen; wie im Falle eines 
Spiegels konnte die Widerspiegelung des Scheinwerferlichts im entsprechenden 
Winkel in entgegengesetzter Richtung gesehen werden, was von keinem Nutzen für 
die Verteidigung war. 
Infolge dieser Verbesserungen vermuteten wir, daß wir bald wieder einen 
Zeppelinbesuch bekommen würden. Daher waren wir nicht überrascht, als wir 
am 19. Oktober, 8 Uhr abends, Nachricht erhielten, daß Zeppeline die Küste 
überflogen hätten und nach einer 12monatigen Abwesenheit wieder auf dem Wege 
nach London wären. Um 8 Uhr 25 wurde gemeldet, die feindlichen Luftschiffe 
seien noch 30 bis 50 Kilometer nordöstlich von London. Die erste definitive 
Meldung kam von der Vatteriestellung in Watford um 9 Uhr 10: „Bomben 
10 Kilometer nördlich." Dies wurde von einer anderen Station bestätigt, aber 
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