Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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das Leben der teleologischen Urtheilskraft. Einer der frühesten 
Gedanken Kant's tritt hier in die volle Beleuchtung der kritischen 
Philosophie: daß in der Natur das Leben nicht Mechanismus, 
sondern Organisation sei, daß sich die Organisation nicht aus den 
bewegenden Kräften der Materie hinreichend erklären lasse. Die 
sen Gedanken hat Kant nie verleugnet. Auch die Vernunftkritik, 
obwohl sie die Erkenntniß auf die mechanische Causalität ein 
schränkt, hat Kant in diesem Gedanken nicht irre gemacht. In 
seiner Theorie der Racen hebt er ihn wieder hervor und verthei 
digt seine Nothwendigkeit gegen Förster. Er mußte den Begriff 
des Lebens im Unterschiede vom Mechanismus kritisch bestimmen 
und auseinandersetzen. Diese Aufgabe blieb ihm übrig; sie be 
zeichnet den Weg, der unseren Philosophen zur Kritik der Ur 
theilskraft geführt hat. Als er im Jahre 1788 den Gebrauch 
der teleologischen Principien in der Philosophie untersuchte und 
gegen einen bedeutenden Gegner aufrecht hielt, lagen dicht vor 
ihm die beiden Probleme der moralischen und natürlichen Zweck 
mäßigkeit. Die beiden nächsten Schriften waren auf diese Pro 
bleme gerichtet: die Kritik der praktischen Vernunft auf das erste, 
die Kritik der (teleologischen) Urtheilskraft auf das andere. In 
jener Schrift gegen Förster ist das ganze Problem der teleologi 
schen Urtheilskrast enthalten. Es wurde dort gezeigt, daß zweck- 
thätige Ursachen zur Erklärung des Lebens gesetzt werden müssen, 
aber in keiner Weise bestimmt werden können, weder als blinde 
noch als intelligente. Das Urtheil über die zweckthätige Natur 
kraft ist kein bestimmendes, es kann also nur ein reflectirendes 
sein; es ist als Erkenntnißweise unmöglich, als Betrachtungs 
weise nothwendig: diese Einsicht giebt die Kritik der teleologi 
schen Urtheilskraft*). 
*) Vgl. oben I Buch. XVI Cap. II. S. 319 flgd. 
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