Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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ist die ausdrucksvolle Stimmung und Empfindung. Der Aus 
druck des menschlichen Ideals in seinem ganzen Umfange fordert 
daher verschiedene Künste: der Ausdruck der Vorstellungen und 
Gedanken ist die redende Kunst, der Ausdruck des menschlichen Kör 
pers die bildende Kunst, der Ausdruck der menschlichen Stim 
mung die Musik. 
Die redenden Künste sind Beredsamkeit und Dichtkunst, 
die bildenden Künste sind Plastik nnd Malerei. Ihr Ausdruck 
ist Sinnenanschauung im Raum: die Plastik geht aus die Sin 
nenwahrheit, die Malerei auf den Sinncnschein. Das nächste 
Object der Plastik ist der menschliche Körper, ihre weiteren Ob 
jecte sind die Körper, welche mit dem menschlichen Dasein zunächst 
zusammenhängen: das Haus und die Geräthe. Die Plastik ist 
Bildhauerkunst, Baukunst, Tektonik. Unter den bildenden 
Künsten steht am höchsten die Malerei, genauer gesagt die Zeichen 
kunst, weil sie die Grundlage aller bildenden Kunst ausmacht 
und den größten Umfang der Darstellung hat, denn sie kann alles 
sichtbar Gestaltete ausdrücken. Zur Malerei im weitesten Sinn 
rechnet Kant auch die kunstvolle auf den schönen Sinnenschein be 
rechnete Zusammenstellung der Objecte, die malerisch ordnende 
Gartenkunst, die ästhetische Einrichtung und Decoration der Zim 
mer, die Bekleidung der Wände, Anordnung der Zimmergeräthe 
u. s. f., zuletzt auch die menschliche Kleidung, das künstlerisch 
behandelte Kostüm. 
Von der redenden und bildenden Kunst, in welcher letzteren 
die Zeichnung das Wesentliche ausmacht, unterscheidet Kant die 
Musik und Malerei, soweit diese nicht Zeichnung ist, sondern 
Farbenkunst. Rede und Form (Zeichnung) machen uns Vor 
stellungen anschaulich; Ton und Farbe dagegen stellen für sich 
nichts Bestimmtes vor, sie beziehen sich nicht auf Vorstellungen,
	        
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