Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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Maßstab ist die Größeneinheit der Anschauung. Um eine gege 
bene Größe anschaulich vorzustellen, d. h. ihr Bild in der Phan 
tasie gegenwärtig zu haben, dazu gehört die Auffassung der ein 
zelnen Theile und zugleich deren vollständige Zusammenfassung, 
„die Apprchcnsion und Comprehension", wie sich Kant ausdrückt. 
Wenn mit der Auffassung die Zusammenfassung gleichen Schritt 
hält, so liegt das Bild der Größe vollkommen in unserer Einbil 
dungskraft. Hier aber giebt es für die Einbildungskraft in der 
Größenbetrachtung eine Grenze, die der Verstand nicht kennt. 
Dem Verstand ist es nicht um das Bild der Größe zu thun, 
sondern bloß um deren arithmetischen Werth; darum kann der 
Verstand, ohne etwas von der Größe zu verlieren, dieselbe in's 
Unendliche verfolgen, sowohl die wachsende als abnehmende Größe. 
Ganz anders verhält es sich mit der Einbildungskraft. Ihr Maß 
ist das Bild, das Bild ist die Größcneinheit der Anschauung. 
Wenn sich die Theile nicht mehr zu einem Bilde zusammenfassen 
lassen, wenn die Auffassung weiter geht als die Zusammenfassung, 
der Gegenstand sich kaum oder gar nicht mehr bildlich vorstellen 
läßt, weil er zu groß ist gleichsam für den Raum unserer Ein 
bildungskraft , so ist das Maß der letzteren überschritten. Ein 
Gegenstand nun, mit dem verglichen jedes Bild zu klein ist, 
den bildlich vorzustellen jede Einbildungskraft erlahmt, der das 
Vermögen der letzteren schlechterdings übersteigt: ein solcher Ge 
genstand ist (für die Einbildungskraft) schlechthin groß *). 
4. Widerstreit und Harmonie zwischen Einbil 
dungskraft und Vernunft. 
Nun fordert die Vernunft jedem Object gegenüber, daß wir 
*) Ebendas. I Th. I Abschn. II Buch. §. 25 u. 26. — Bd. VII. 
S. 99-107.
	        
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