Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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*) Ebendas. IY St. I Theil. Vom Dienst Gottes in einer Re 
ligion überhaupt. — Bd. VI. S. 333 — 337. 
Wahrheiten kommen können und sollen, nur würden sie niemals 
so früh darauf gekommen sein; die göttliche Offenbarung hat den 
langsamen und schwerfälligen Gang der menschlichen Vernunft 
beschleunigt, sie hat gehandelt, wie jede weise und richtige Er 
ziehung , die ihren Zögling so leitet, daß er aus eigener Kraft 
sein Ziel sicherer und früher erreicht, als wenn er sich selbst und dem 
Zufall wäre überlassen geblieben: das war der Gesichtspunkt, un 
ter dem Lessing in seiner Erziehung des Menschengeschlechts die 
Offenbarung in der Religion rechtfertigte. In derselben rationa 
len Weise will Kant die Verbindung zwischen Offenbarung und 
Religion gefaßt wissen. Die Offenbarung gelte als Religions 
mittel , nicht als Religionsgrund: sie diene zur Entwicklung der 
Religion, nicht zu deren Erzeugung*). 
Es giebt eine solche zugleich geoffenbarte und natürliche (rein 
moralische) Religion: die Lehre Christi. Hier ist der religiöse 
Glaubensinhalt vollkommen in der Tiefe der menschlichen Ver 
nunft begründet; doch hat dieser Glaube seinen geschichtlichen 
Grund und Ausgangspunkt in Christus; er ist durch ihn der 
Welt offenbart worden. Was Christus der Welt offenbart hat, 
ist in seiner reinsten und einfachsten Form der moralische Glaube 
in seiner ganzen Vollkommenheit. Hier tritt zum erstenmal die 
sittliche Bestimmung des Menschen ohne alle Blendung klar und 
anschaulich vor das Auge der Welt: das Gute besteht allein in 
der Gesinnung, die böse Gesinnung ist schon die böse That, im 
Herzen Haffen heißt tödten, alle Wahrheit ist Wahrhaftigkeit, 
die das innere Gesetz fordert und kein bürgerliches Erpressungs 
mittel dem Menschen abzwingen kann; die gute Gesinnung ist 
nur möglich durch die radicale Umwandlung des Willens, durch
	        
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