Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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barung nicht beweisen, darum weder bestreiten noch behaupten. 
Wenn nun die Supernaturalisten diese Nothwendigkeit nicht 
dogmatisch beweisen wollen, so kann ihr Streit mit den Rationa 
listen auf einer gemeinschaftlichen Grundlage geführt werden: 
beide anerkennen den sittlich-religiösen Glaubensinhalt und die 
Möglichkeit seiner Offenbarung; worüber sie streiten, ist der 
Werth der Offenbarung in Absicht auf die Religion, die Geltung 
und das Recht, welches die Offenbarung auf dem religiösen Ge 
biete beansprucht. 
2. Die Offenbarung als Religionsmittel. 
Die Lehre Christi. 
Der religiöse Glaubensinhalt soll allgemein gültig sein, also 
mittheilbar für alle. Ist er nicht allgemein verständlich, son 
dern nur wenigen zugänglich, so ist die Religion nicht natürlich, 
sondern gelehrt. Gesetzt, die göttliche Offenbarung wäre nicht 
allgemein mittheilbar, so könnte die natürliche oder moralische 
Religion auch nie geoffenbart, und die geoffenbarte Religion nie 
die allgemein gültige sein: das war der Gesichtspunkt, unter dem 
Reimarus die geoffenbarte Religion bekämpfte; er zeigte, daß die 
Offenbarungsurkunden einer Einsicht und Erklärung bedürfen, 
die an einen besondern und ausschließenden Bildungsgrad ge 
knüpft seien und darum die Geltung einer geoffenbarten Religion 
nothwendig einschränken. 
Wenn aber der Inhalt der göttlichen Offenbarung rein mo 
ralisch, also mit dem sittlichen Vernunftgesetz identisch und darum 
allgemein mittheilbar ist, so verträgt sich eine solche Offenbarung 
mit dem Vernunftglauben, und es kann in diesem Falle geoffen 
barte und natürliche Religion in der Hauptsache eines sein. Die 
Menschen hätten aus eigener Vernunft auf die geoffenbarten 
Bischer, Geschichte der Philosophie IV. 2. Aust. 31
	        
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