Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

4. Das Erlösung sproblem*) **). 
Die Wiedergeburt ist die erste Bedingung zur Erlösung, sie 
ist noch nicht die Erlösung selbst, nicht deren Vollendung. Hier 
erhebt sich eine Reihe von Schwierigkeiten, die sich mit jedem 
Schritte steigern. 
Das Zeugniß der Wiedergeburt oder der von Grund aus 
veränderten Gesinnung sind die Thaten des Menschen; diese Tha 
ten sind Erscheinungen in der Zeit, sic sind wie alles Zeitliche 
mangelhaft. Ist dieser dauernde Mangel, dieser beschränkte 
und unvollkommene Charakter unserer Handlungen, nicht ein 
Hinderniß der Erlösung trotz der Wiedergeburt? Wie können 
wir von diesem Hindernisse loskommen? Wie ist die Erlösung 
möglich, wenn schon die Wiedergeburt erfolgt ist? Wir sollen 
heilig sein: so gebietet das göttliche Gesetz. Aber unser zeitlicher 
Lebenswandel ist der Heiligkeit des Gesetzes nie völlig angemessen 
und kann es nicht sein. 
Gesetzt, dieses Hinderniß sei beseitigt, so droht ein größeres. 
Die wiedergeborene Gesinnung ist noch nicht die beharrliche. Der 
Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Unsere Gesinnung 
bleibt auch nach der Wiedergeburt wankelmüthig und gebrechlich. 
Ist diese wankelmüthige Gesinnung nicht ein neues Hinderniß der 
Erlösung? Wir sollen gut sein und sind es nicht, so lange wir 
nicht im Guten beharren. 
*) Vgl. damit die beiden früheren Untersuchungen über den intelli- 
gibeln Charakter: 1) Bd. III. Buch. II. Cap. XII. S. 559-567, 
2) Bd. IV. Buch I. Cap. VII. S. 128-135. 
**) Rel. innert), d. Gr. der bl. Bern. II St. I Abschn. o. — 
Bd. VI. S. 230-237.
	        
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