Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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vollkommener Widerspruch: die zeitlose Dauer habe angefan 
gen? ist nicht Anfang ein Zeitpunkt? wie kann das Zeitlose 
einen Zeitpunkt haben? wie kann die Zeit übergehen in die zeit 
lose Dauer? Ein solcher Uebergang ist schlechterdings undenkbar. 
So ist auch das natürliche Ende der Dinge undenkbar als zeit- 
und wechsellose Dauer. Wenn aber der Wechsel und die Verän 
derung ewig fortdauert, so kann dieser wandelbare und verän 
derliche Zustand wenigstens keine Seligkeit sein, denn wo Wech 
sel ist, da sind auch Uebel, und wo Uebel sind, da giebt es keine 
wahrhafte Befriedigung. So ist das natürliche Ende aller Dinge 
in jeder Weise undenkbar. Seligkeit ist weder in der wechsel 
losen Ruhe des Daseins noch in der ewigen Wandelbarkeit und 
Veränderung desselben einheimisch. Da nun das Dasein doch 
eines von beiden sein muß, entweder wechsellos oder wandelbar, 
so ist überhaupt die Seligkeit nicht im Dasein, sondern im Auf 
hören alles Daseins, in der Vernichtung, im Nichts zu suchen. 1 
Das Nichts allein ist die ewige Ruhe. Das ist die buddhistische 
Vorstellung vom Ende aller Dinge, womit Kant in der Philo 
sophie die spinozistische vergleicht. Nach dem Naturgesetz giebt es 
nur Verwandlung und Metamorphose, keine Vernichtung. Das 
Naturgesetz erklärt: aus nichts kann nichts werden, es giebt kein 
Entstehen und Vergehen, weder Schöpfung noch Untergang. 
So übersteigt der Begriff einer vollkommenen Vernichtung alle 
naturgesetzliche Möglichkeit. Darum nennt Kant diesen eschato- 
logischen Glauben eine mystische Vorstellungsweise und die ewige 
Ruhe, die dem Nichts gleichkommt, das „übernatürliche Ende 
aller Dinge". 
3. Das widernatürliche Ende. 
Wenn die Ordnung der Dinge nicht aufhört (sei es relativ
	        
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