Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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den Andern Seligkeit zutheilt. Wenn der praktische Glaube 
zwischen beiden Vorstellungen entscheiden soll, so wird er zwar 
in theoretischer Rücksicht keine von beiden annehmen, aber in 
moralischer die dualistische vorziehen. 
2. Das natürliche und übernatürliche Ende. 
In Beziehung auf das Reich der Dinge, auf Welt und 
Natur, läßt sich das Ende der Dinge verschieden auffassen. Ent 
weder ist dieses Ende eine vollkommene Weltverwandlung oder 
Weltvcrnichtung oder Weltumkehrung. Im ersten Fall ist es 
eine Epoche, die im Laufe der Weltbegebenheiten eintritt, den 
vorhandenen Weltlauf oder die bestehende Ordnung der Dinge 
abschließt und eine neue einführt: so erscheint es als ein Wende 
punkt im Weltlauf, als ein relativ letztes Glied in der Kette der 
Dinge, als ein „natürliches Ende". Im zweiten Fall ist es als 
vollkommene Vernichtung nicht innerhalb der Natur möglich, also 
„übernatürlich"; im letzten Fall ist es „widernatürlich", weil es 
die natürliche und moralische Ordnung der Dinge nicht bloß be 
schließt oder vernichtet, sondern umkehrt. 
Das natürliche Ende aller Dinge macht einen vollkommen 
neuen Weltzustand, dessen Seligkeit die Leiden und Uebel von sich 
ausschließt: dieser Zustand ist eine ewige Dauer, worin entweder 
gar kein Wechsel oder eine ununterbrochene Veränderung statt 
findet. Eines von beiden muß der Fall sein. Setzen wir, der 
Zustand, in dem alle Dinge enden, sei eine ewige Dauer ohne 
allen Wechsel, so ist von diesem Zustande alle Veränderung, mit 
hin auch alle Zeit ausgeschlossen: er ist zeitlos, alles Dasein 
darin ist wie versteinert; in dem Momente, wo die Dinge auf 
hören, hat auch die Zeit aufgehört; in diesem Momente muß zu 
gleich der zeitlose Zustand angefangen haben. Ist dieß nicht ein
	        
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