Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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Seiten der Philosophie, die Geschichte zu begreifen? Wo bleibt 
überhaupt die ganze kantische Sittenlehre, wenn am Ende ihre 
Theorien unpraktisch, ihre Begriffe unfähig sind, verwirklicht 
zu werden? 
Es giebt Theorien, die sich zum Leben verhalten, wie der 
Gypsabdruck zum Original, wie ein verkümmerter, ärmlicher 
Abdruck; es giebt andere, die sich zum Leben verhalten wollen, 
wie das Original zu seinem Abbilde, die das Leben nach sich, 
nicht sich nach dem Leben richten und darum stets den Widerspruch 
der Welt gegen sich aufregen. Sind solche Theorien, wie es 
häufig genug der Fall ist, Geschöpfe der Einbildungen und wesen 
lose Schatten, so ist ihre Widerlegung leicht, und ihr bloßer 
Anspruch auf Geltung schon eine belachenswerthe Thorheit. Sind 
sie tiefgedachte und begründete Vernunfteinsichten, so wird man 
ihnen doch die praktische Bedeutung bestreiten und den Gemein 
spruch entgegenhalten: „das mag in der Theorie richtig sein, 
taugt aber nicht für die Praxis!" Diesem Gemeinspruche, der 
die breite Front des gewöhnlichen Weltverstandes ausmacht, steht 
gegenüber die kantische Philosophie mit ihren Vernunftbegriffen 
von der sittlichen Welt, mit ihren Theorien von Recht und 
Moral. Aber es ist nicht bloß dieser Einwand aus dem Munde 
der Leute, sondern das eigene Bedürfniß, welches Kant nöthigt, 
seine Theorie mit der Praxis auseinanderzusetzen. Er ist selbst viel 
zu wett- und menschenkundig, selbst nach Erziehung und Charakter 
der bürgerlich-praktischen Denkweise zu verwandt, um gegen 
seine Philosophie Einwände gelten zu lassen, die mit dem An 
sehen des praktischen Verstandes auftreten*). 
*) Ueber den Gemeinspruch: das mag in der Theorie richtig sein, 
taugt aber nicht für die Praxis. Berl. Monatsschr. Septb. 1793. 
(Ges. Ausgb. Bd. V.) Der Inhalt dieser Abhandlung rechtfertigt die 
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