Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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der Wir verkleinern den Anderen nicht bloß bei uns selbst durch die 
,lten vornehme Geringschätzung, sondern in den Augen der Leute durch 
kan- das geringschätzige Urtheil, den üblen und böswilligen Leumund: 
rge- diese Form ist das „Afterreden". Mit Vorliebe wird erzählt, 
frxj, was dem Anderen nachtheilig ist, seine Fehler werden hervorge- 
stxZ hoben, seine Sitten ausgespäht, um so viele Fehler als möglich 
wnn W finden, und wenn das Gefundene nicht zureicht, so werden 
^ die wirklichen Fehler vergrößert, und zuletzt solche, die gar nicht 
xrth vorhanden sind, von der schmähsüchtigcn Einbildung erfunden. 
So endet die Afterrede mit der Verleumdung. Keiner ist ohne 
Mängel und Schwächen. Die Verkleinerungssucht findet überall 
Stoff genug, um sich zu weiden; sie braucht die vorhandenen 
Mängel nur auf das grellste zu beleuchten und so zu entblößen, daß 
m . sie aller Welt in die Augen springen, daß der Andere, die Ziel- 
, n j, scheibe unseres Urtheils, vor aller Welt lächerlich erscheint: diese 
>ht, Form der Verkleinerung ist die „bittere Spottsucht oder Ver- 
m-- höhnung". 
cht Die Grundform der verletzten Achtung gegen andere ist der 
m Hochmuth. Es ist die Selbstliebe, die immer oben schwimmen 
rm will, die selbstsüchtige Ueberzeugung des eigenen unvergleichlichen 
ich Werthes. Keiner kann diesen Vergleich aushalten. Man fühlt 
er . sich berechtigt, jeden Anderen gering zu schätzen; der eigene Werth 
j§. gilt für so ausgemacht und unbezweifelt, daß jeder Andere ihn 
ohne weiteres anzuerkennen die Pflicht hat. Nicht genug daher, 
tf. daß der Hochmüthige im Vergleiche mit sich den Anderen gering 
ch. , schätzt, er muthet dem Anderen zu, daß dieser sich selbst im Ver- 
gleiche mit ihm (dem Hochmüthigen) verachte; er anerkennt auf 
m der Seite des Anderen gar keine ihm gleiche Berechtigung: so ist 
", der Hochmuth in seiner Gesinnung die äußerste Ungerechtigkeit. 
Er ist in Wahrheit keine Ueberzeugung, denn wie kann jemand
	        
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