Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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' ^ heit allmälig in stetigem Fortschritte nähert. Diese Idee ist die 
Jte f et größte politische Aufgabe, zu deren Lösung die ganze Menschheit 
^ Un 9 zusammenwirkt. Ihre Lösung in einem wirklich vorhandenen 
W Zustande des ewigen Friedens wäre das „höchste politische Gut". 
Hier kommen Moral und Politik in demselben Punkte zusammen, 
utr<|: wo es gilt, die Menschheit selbst aus dem natürlichen Zustand 
in den sittlichen zu erheben und den Begriff der Gerechtigkeit in 
seinem weitesten Umfange zu verwirklichen*). 
Die Idee des ewigen Friedens ist nicht neu, sie war lange 
vor Kant eine Lieblingsvorstellung der Philanthropen, der uto- 
pistische Gedanke eines St. Pierre und I. I. Rousseau. Bei 
' ^ Kant tritt dieser Gedanke ungleich wichtiger und imposanter auf, 
ei5et; im Zusammenhange eines tiefgedachten Systems, ohne alle Schwär- 
e ^ : merei, ohne alle weichliche Philanthropie, die beide der Philoso- 
^ H phie und dem Charakter Kant's gleich fern lagen. Hier bewährt 
t)enn sich an ihm selbst jener Unterschied, den er so nachdrücklich her- 
U1 ^l vorgehoben hat, zwischen Schwärmerei und Enthusiasmus. Es 
* _ war die Gerechtigkeit, die er darum so gründlich verstand, weil 
er sie so gründlich liebte. Die Gerechtigkeit ist nicht philanthro- 
^ pisch noch weniger schwärmerisch. Und Eines wollte sich Kant 
nie einreden lassen: daß die Gerechtigkeit utopistisch sei. Den 
Satz: „fiat Justitia et pereat mundus!“ ließ er gelten und über- 
1 e j : setzte ihn so: „es geschehe was Recht ist, und wenn alle Schelme 
,em ’ ! in der Welt darüber zu Grunde gehen!" Es ist die Gerechtigkeit, 
die dem menschlichen Geschlechte den ewigen Frieden zum Ziele 
$ an '- setzt. Dieses Ziel gilt eben so unbedingt als die moralische Ver- 
nunft, die es fordert. 
n $ : Um diese Idee nicht zweifelhaft und im Unklaren zu lassen, 
. - schreibt Kant seinen „philosophischen Entwurf vom ewigen Frie- 
*) Ebendas. II Th. II Abschn. 8. 61.-Bd. V. S. 188flgd.
	        
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