Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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gen. Die Befugn iß ist ein Recht, das ich ausüben darf, wenn brüc 
ich will, dessen Ausübung ich auch unterlassen darf, wenn es gefä 
mir so beliebt; dagegen die Verbindlichkeit zu zwingen darf nicht von 
unterlassen werden. Hufeland hatte in seinem „Versuch über den der 
Grundsatz des Naturrechts" den obersten Zweck der Rechtsgesetzc ist 5 
in die Vervollkommnung der Menschheit gesetzt, und in Rücksicht der 
auf diesen Zweck erschien ihm jedes Hinderniß als etwas, dessen (sw 
Vernichtung nicht unterlassen werden dürfe, jede Beförderung fern 
als etwas, das im Nothfall erzwungen werden müsse. Daher dies 
galt ihm das Zwangsrecht nicht bloß als Befugniß, sondern als tur 
Pflicht. Das war der Punkt, den Kant in seiner Recension 
Hufeland's besonders hervorhob und angriff"). ein! 
Die Erzwingbarkeit unterscheidet das Recht von der Tugend, Re> 
die juridische Pflicht von der moralischen; sie macht das Recht Ge 
im eigentlichen und engen Verstände, das „stricte Recht". Wo die! 
das Zwangsrecht aufhört, da ist auch die eigenthümliche Rechts- nei 
grenze; jenseits dieser Grenze kann von Recht nicht mehr oder 
nur im uneigentlichen und weiten Verstände geredet werden. Wenn 4 
meine Rechtsansprüche nicht im genauen Sinne erzwingbar sind, 
so habe ich eigentlich nicht das Recht, sondern nur die Billigkeit 
für mich, vorausgesetzt, daß jene Ansprüche in der Natur der N> 
Sache begründet sind. Wenn ich einen Zwang ausübe, wozu zel 
ich im genauen Verstände nicht berechtigt bin, den ich im Mo- Pl 
mente der Gefahr, im Interesse der Selbsterhaltung, ohne rechts- wk 
widrige Absicht ergreife, so ist mein Zwang nicht durch das ve 
Recht, sondern durch die Noth begründet, nicht Zwangsrecht, sch 
sondern Nothwehr. Eine solche Nothwehr z. B. übt der Schiff- 
*) Recension von Gottl. Hufeland's Versuch über den Grundsatz de 
des Naturrechts. 1786. — 35b. V. S. 361. — Vgl. Rechtslehre. Einl. 
§. D. R
	        
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