Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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Hm Glückseligkeit bildet; hier ist umgekehrt die Glückseligkeit der 
Ge- Hauptbegriff, der die Tugend als Merkmal in sich enthält. Ge- 
schei, nau so stehen sich in der Moralphilosophie der Alten die stoische 
t tj| und epikureische Sittenlehre gegenüber. Ihr Gegensatz hat seinen 
)enk gemeinschaftlichen Ausgangspunkt in der Art, wie beide das Ver- 
; bk- hältniß von Tugend und Glückseligkeit begreifen: beide nehmen 
die Verbindung der Tugend und Glückseligkeit als Identität, als 
ideli eine logische oder analytische Einheit. In dieser Auffassung liegt der 
ve: gemeinschaftliche Irrthum, die falsche dogmatische Voraussetzung, 
■u et Tugend und Glückseligkeit sind dem Ursprünge nach verschie- 
u b! den; die Quelle der Tugend ist der reine Wille (reine Vernunft), 
Vei die der Glückseligkeit ist die Begierde (empirischer Wille); jene ist 
o di ein reiner, diese ein empirischer Begriff. Darum kann die Ver- 
, sch bindung beider, wenn sie überhaupt möglich ist, nur die synthe- 
inh« tische Einheit sein. 
Die nothwendige Verbindung verschiedenartiger Begriffe ist 
(nicht Identität sondern) Causalität. Die beiden Begriffe seien 
A unb B, so hat ihre nothwendige Verbindung den doppelten 
t T« Fall: entweder A ist die Ursache von B, oder B ist die Ursache 
,er I von A. Wenn also der Begriff des höchsten Gutes demgemäß 
( i bestimmt werden soll als die synthetische Einheit von Tugend 
bgH und Glückseligkeit, so sind folgende beide Urtheile möglich: „ent- 
( au ti weder ist die Tugend Ursache der Glückseligkeit, oder die Glück- 
e B stligkeit ist Ursache der Tugend." 
Fch Der Causalzusammenhang ist nur erkennbar, so weit er em- 
schtij pirisch ist, so weit er Erfahrungsobjecte verknüpft. Die Glück 
end/ stligkeit ist ein Erfahrungsobject, nicht die Tugend. Darum ist 
-il tzj die Tugend weder als Ursache noch als Wirkung der Glückselig- 
j feit erkennbar. Als Erkenntnißurtheile sind daher beide Urtheile 
unmöglich.
	        
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