Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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den soll, widerstreitende Merkmale in sich vereinigt und damit 
zu einer Vorstellung führt, die der logischen Möglichkeit wider 
streitet. Doch bildet diese Vorstellung eine nothwendige Folge 
aus dem Begriffe des intelligibeln Charakters. Wenn der Folge 
satz unmöglich ist, so ist auch das vorausgesetzte Princip unmög 
lich. Wir sind an einen Punkt gekommen, wo, wie es scheint, 
der Begriff eines intelligibeln Charakters und damit das Ver 
mögen der Freiheit aufhört, denkbar zu sein. 
Der dargelegte Widerstreit ist lösbar, wenn wir zur Beur 
theilung der Sache den richtigen Standpunkt wählen. Jede 
Handlung ist als Begebenheit in der Zeit nothwendig nach dem 
Naturgesetze der Causalität: dieser Nothwendigkeit können wir 
nichts abdingen. Jede unserer Handlungen ist bedingt durch alle 
früheren, und diese sind bedingt durch den empirischen Charakter 
als ihre natürliche Ursache: in dieser Naturkctte der Handlungen 
ist nirgends ein Punkt, wo plötzlich die unbedingte Willensfrei 
heit eintreten und von sich aus eine Reihe von Handlungen be 
ginnen könnte. Aber setzen wir, daß der empirische Charakter 
selbst bedingt ist durch den intelligibeln, so sind alle Wirkungen 
des empirischen Charakters, wie dieser selbst, zugleich Wirkungen 
des intelligibeln. Ich sage: a l l e Wirkungen, die g a n z e Reihe 
der Handlungen, die aus dem empirischen Charakter nothwendig 
folgt, hat in dem intelligibeln Charakter ihre letzte unbedingte Ur 
sache. Me Handlungen des empirischen Charakters sind nothwen 
dige Erscheinungen; der empirische Charakter selbst ist eine That der 
Freiheit. Der empirische Charakter ist gleich der ganzen Reihe 
seiner Handlungen. Also werden diese Handlungen, so nothwen 
dig sie sind als Folgen des empirischen Charakters, zugleich gelten 
dürfen als Thaten der Freiheit. Was aber von der ganzen Reihe 
gilt, das gilt ebendeßhalb auch von jedem einzelnen Gliede; was
	        
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