Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

125 
nicht weniger zwingend als die äußeren, sie schließen ebenfalls 
die Willensfreiheit aus. Das System der psychischen Causalitüt 
ist eben so deterministisch als das der mechanischen; der Begriff 
der Freiheit verträgt sich mit Leibniz' Lehre so wenig als mit der 
Spinoza's. Die innere Causalität der Vorstellungen und Mo 
tive ist ebenfalls eine natürliche, sie wirkt mit naturgesetzlichcr 
Nothwendigkeit, also mechanisch, sie ist psychomechanisch; wie 
die Ursachen eintreten, so folgen unvermeidlich die bestimmten 
Wirkungen. Sind die Ursachen materiell, so ist die dadurch be 
wegte Maschine ein „automaton materiale“; sind sie Vorstellun 
gen, so ist das Triebwerk ein „automaton spirituale“. Solche 
Automaten sind die leibnizischen Monaden, die ebendeßhalb das 
Vermögen der Freiheit vollkommen entbehren. Wenn unsere 
Freiheit darin bestände, daß wir durch Vorstellungen getrieben 
werden, so „würde sie," sagt Kant, „im Grunde nichts besser, 
als die Freiheit eines Bratenwenders sein, der auch, wenn er 
einmal aufgezogen worden, von selbst seine Bewegungen ver 
richtet *)." 
Die Freiheit ist undenkbar in der Erscheinungswelt, es sei 
die äußere oder die innere. Der Grund leuchtet vollkommen ein. 
Die Erscheinungen, es seien äußere oder innere, sind in der Zeit, 
sie bilden eine Zeitreihe, jede erfolgt in einem gewissen Zeitpunkt 
und ist darum bedingt durch alle früheren Begebenheiten: jeder 
Moment einer Veränderung ist bedingt durch alle früheren Zu 
stände, jede Veränderung in der Welt, sie sei körperliche Bewe 
gung oder bewußte Handlung, ist bedingt durch alle vorhergehen 
den Veränderungen. So ist jede Erscheinung Glied einer stetigen 
*) Kritik der praktischen Vernunft. I Theil. I Buch. III Hptst. 
Kritische Beleuchtung der Analytik der r. pr. Bern. — Bd. IV. S. 204 
-224. Vgl. des. S. 213.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.