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*) Ebendaselbst. II Abschn. - Bd. IV. S. 36-41.
mit gewissen Regeln, Vorschriften, Geboten (Imperativen) hypo
thetischer Art. Das beste Mittel zur Glückseligkeit ist Klugheit;
das einzige Mittel zur Kunstfertigkeit ist Geschicklichkeit. Wer in
der Welt gut fortkommen, sich auf das klügste benehmen will,
verlangt gute Rathschläge; wer eine Kunst erlernen, zu einer
Verrichtung geschickt werden will, verlangt gute Anweisungen,
Vorschriften, Regeln. Rathschläge zur Lebensklugheit in Ab
sicht auf unser Wohl sind „pragmatische Imperative", man nennt
ein zur allgemeinen Wohlfahrt aus Vorsorge gemachtes Gesetz
eine pragmatische Sanction, ein zur praktischen Belehrung ge
schriebenes Geschichtswerk eine pragmatische Geschichte; Regeln
und Anweisungen zur geschickten Lösung einer Aufgabe sind „tech
nische Imperative"*).
3. Das unbedingte Gebot (kategorischer Imperativ).
Jetzt läßt sich der Pflichtbegriff unter den Geboten genau
und bestimmt unterscheiden. Alle praktischen Gesetze sind Impe
rative, diese sind entweder hypothetisch oder kategorisch; die hy
pothetischen sind entweder assertorisch oder problematisch, ent
weder pragmatisch oder technisch; jene bestehen in Rathschlägen,
diese in Regeln; die Rathschläge gehen auf die Klugheit, deren
Zweck die Glückseligkeit ist, die Regeln auf die Geschicklichkeit
als Mittel zur praktisch-technischen Bildung. Der kategorische
Imperativ gilt apodiktisch. Er ist keine Klugheitsrcgcl, keine
technische Vorschrift, sondern ein Gesetz. Dieses Gesetz geht
auf die Sittlichkeit, deren Zweck allein sie selbst ist.
Der kategorische Imperativ, den wir auch als den Impe
rativ der Sittlichkeit bezeichnen können, ist von den anderen
wesentlich unterschieden. Alle die anderen Imperative haben