Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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lung, keine andere. Me übrigen praktischen Zwecke sind zu 
fälliger Art, bedingt durch die Umstände und die empirisch gege 
bene Natur des Willens. Wenn ich mir einen Zweck setze, den 
ich eben so gut haben als nicht haben kann, der zur Natur mei 
nes Willens in keiner Weise gehört, so nenne ich einen solchen 
Zweck möglich; der Zweck ist wirklich, wenn er zur Natur mei 
nes Willens gehört, zu dessen empirischer Natur: beide Zwecke 
und die Gebote, sie auszuführen, sind bedingter Art (hypothe 
tisch). Je nachdem es sich um einen bloß möglichen oder um ei 
nen thatsächlichen Zweck handelt', ist das Gebot (der hypothetische 
Imperativ) entweder problematisch oder assertorisch. Der kate 
gorische Imperativ ist „apodiktisch". 
In der empirischen Natur unseres Willens liegt das Streben 
nach dem eigenen Wohl in der größtmöglichen Vollkommenheit; 
unsere Glückseligkeit erscheint darum als ein empirisch gegebener, 
darum wirklicher Zweck. Es giebt Zwecke anderer Art, die 
nicht unmittelbar zur Natur unseres Willens gehören, die wir 
ebenso gut haben als nicht haben können und deßhalb nur als 
mögliche gelten lassen, wie z. B. die Construction einer mathema 
tischen Figur, einer Maschine, die Anfertigung einer Zeichnung 
u. s. f. Die Ausführung solcher Zwecke erfordert eine gewisse 
Geschicklichkeit, ein Können und, wenn es hoch kommt, eine Kunst 
fertigkeit. Die bedingten Zwecke gehen daher entweder auf Glück 
seligkeit oder praktisch-technische Bildung. In der ersten Absicht 
wird gefragt: was müssen wir thun, um glücklich zu werden; 
wie müssen wir es anfangen, um so vielen Vortheil, so wenig 
Nachtheil als möglich zu haben, um aus allem den größtmöglichen 
Nutzen zu ziehen? In der zweiten Absicht wird gefragt: was 
müssen wir thun, um dieß oder jenes zu leisten, diese oder jene 
Kunst zu erlernen u. s. w.? Auf beide Fragen wird geantwortet
	        
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