Volltext: Feldgrau schafft Dividende

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Paris sein! Im Vorbeifahren sehe ich gutgefullte Kaufläden, 
sehe ich Frauen und Kinder mit prallen Einkaufstaschen, 
sehe ganze Rinderviertel in Fleischerläden und viel Brot 
bei den Bäckern. Es fällt mir auch auf, daß von zehn 
Menschen mindestens fünf irgendeine Militäruniform 
tragen. Da hält die lange Reihe der Fahrzeuge vor einem 
hohen Gittertor und wir werden in den Hof eines kloster 
artigen Gebäudes getragen. 
Wie Zivilisten in diesen Hof kommen, trotz des Doppel 
postens am Tor, ist mir unbegreiflich. Plötzlich ist meine 
Bahre von schimpfenden, schreienden Menschen umringt, 
die sich anschicken, mich auf die Erde zu kippen. Keine 
zwanzig Sekunden dauert die Bedrohung, da blitzen über 
mir zwei Bajonette und ich sehe die beiden Torwächter 
mit viel „allons“ und „nom de dieu!“ auf die Menge ein 
stürmen, sie verjagen. 
Nur eine kleine, hübsche Französin läßt sich nicht so 
leicht einschüchtern, wirft den beiden Bärbeißigen einen 
hübschen, verliebten Blick zu, einen Blick, der ganze Eis 
berge schmelzen könnte, und flötet: „Mein Großer, ich 
möchte nur mal eine Locke, eine Haarlocke dieses Boche 
hier. Haare von Gehängten und von Boches sollen Glück 
bringen, nicht wahr!?“ 
Ich sehe das runde Knie im Seidenstrumpf neben meinem 
Gesicht, spüre die Wärme dieser netten Hexe und ritsch, 
ratsch, hat sie mir, dem Wehrlosen, mit zwei raschen 
Scherenschnitten, eine Tonsur gemacht. Wie ein kostbares 
Gut, so birgt diese Pariser Dalila ihre Beute in der Hand 
tasche. Eilt davon. Hoffentlich hat ihr das Haar des Boche 
auch wirklich Glück gebracht, jenes Boche, den man in 
einem Atem mit einem Gehängten nennt. 
Was nun kommt, geht so rasch, daß ich kaum noch folgen 
kann. Meine Bahre wird plötzlich in eine Kapelle geschoben. 
Dort, angesichts der Gebetstühle und schöngeschnitzten
	        
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