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ERLÄUTERUNG DER TAFELN.
finden sich Knochen, wie bei den Beutelthieren. Das Schnabelthier schwimmt; dies spricht sich an den hinteren Extremitäten aneli
im Skelete ans.
Die Robben (Pinnipedia)sind fleischfressende Thiere, welche man bald als eine eigene Familie zu den Raubthieren, bald
als besondere Ordnung vor die Fischzitztbiere gestellt hat. Für beide Ansichten lassen sich Gründe anführen. Schädel- und Zalin-
bildnng der Seehunde (Fig. XXII, XXX) sind ganz wie bei Fleischfressern, und der Schädel einer Fischotter (Fig. XXIX) hat in
der That viel Aelinliches, während das Wallross mit seinen mächtigen Eckzähnen im Oberkiefer (Fig. XXVIII) eine fremdartige
Schädelbildung zeigt. Die einzelnen Abteilungen der vorderen und hinteren Extremitäten (Fig. XXI, XXIII—XXYI) krümmen
nnd verkürzen sich; die Hände und Fiisse werden blosse Ruderflossen.
Zu einem reinen Wasserthiere bildet sich das Säugethier in den Fischzitzthieren nm. Bei der seegrasfressenden See¬
in aid (Diigong, Halicore)sind die vorderen Extremitäten noch nicht auffallend verändert (Fig. XXXI), aber die hinteren Extremi¬
täten fehlen bereits nnd sind bis auf ein Vförmiges Beckenrudiment, das hinter den Rippen, unter den Lendenwirbeln liegt, reducirt.
Die Delphine und Walliische gehören, wie die Fische, ganz dem Elemente des Wassers an. Die sonderbaren Schädel der Delphine
(Fig. XXXIII und XXXIV) haben lange schnabelförmige Kiefern, mit langen Reihen spitzer Zähne (Fig. XXX MH) besetzt, an
denen der Unterschied zwischen Schneide-, Eck- und Backzähnen ganz verschwunden ist; das Jochbein ist ein schmaler, grätenför-
miger Knochen, der über dem Unterkiefer weg vom Oberkiefer zum Schläfebein verläuft '. Der Hals ist sehr kurz ; die Halswirbel
sind verschmolzen (Fig. XXXVII). Die fast ganz in den Leib eingezogenen, zu Ruderflossen umgewandelten vorderen Extremitäten
zeigen dessen ungeachtet alle typischen Abtheilungen (Fig. XXXIII, XL): ein breites Schulterblatt, ein sehr kurzes Oberarmbein,
unbeweglich verbundene Vorderarmknochen, eine der Handwurzel entsprechende Abtheilung kleiner Knochen, Mittelhand und Phalan¬
gen. Bei den Wallfischen (Fig. XLI) gleicht der Gesichtstheil des Schädels der Firste eines Daches, von dem zu beiden Seiten
die (hier nicht gezeichneten) Barten bis zum rippenförmigen Unterkiefer herabhängen. Das Zungenbein (Fig. XXXIX) zeigt ähnliche
Abtheilungen, wie das des Menschen, und das Becken fehlt ganz (?), oder ist ein loser, sehr kleiner, im Fleische liegender Knochen
(Fig. XLIII)2.
SIEBENTE TAFEL.
Für die Eingeweide der Säugethiere konnten nur zwei Tafeln verwendet werden, zu wenig, nm eine Uebersicht der man-
nichfaltigen Bildungen dieser Thierclasse auf genügende Weise zu geben. Doch sind die wichtigsten Verhältnisse berührt worden.
Der einfache menschliche Magen (Fig. I) kann als Grundform der centralen Verdauungshöhle betrachtet werden, von der ans
die Uebergänge zur rundlichen Form der Raubthiere (Fig. IV) und zur länglichen der fruchtefressenden Fledermäuse, mit stark aus¬
gebildetem Blindsack (Fig. II) verfolgt werden können. Der Magen mancher Nager ist (wie bei Meriones, Fig. VIII) äusserlich
einfach, inwendig aber durch die Verschiedenheit der Schleimhaut in zwei Hälften geschieden, welche beim Hamster (Fig. V7II) auch
äusserlich deutlich hervortreten; ja bei der Haselmaus bildet sich (Fig. VI) ein drüsiger Vormagen aus, der seiner Form und Lage
nach ganz an die Bildung bei den Vögeln (Tab. XI) erinnert. In verschiedener Weise zusammengesetzter erscheinen die Magen des
Schlankaflen (Fig. IX), des Manati (Fig. X) und des Nabelschweines (Fig. XI), bis die vierfachen Magen der Wiederkäuer (Fig.
XII, XIII) und der Delphine (Fig. XÌV) auftreten. Bei den säugenden Ruminanten (Fig. XII) ist der Pansen noch klein; die
Milch kommt sogleich in den Labmagen, der hier am grössten ist, bis der Pansen (Fig. XIII) bei erwachsenen Thieren durch die
groben Futterstoffe eine so grosse Ausdehnung erlangt.
Fig. XV und XVI erläutern die Structur des Epitheliums im Magen der Wiederkäuer; Fig. XVII—XXIII eigenthümliche
Bildungen an verschiedenen Stellen des Verdauungsranais, während Fig. XXIV—XXVIII einige Formen der so höchst verschiedenen
Zungenbildung bei seltneren Thieren nach iieuen Originalzeichnungen erläutern.
Die untere Hälfte der Tafel ist verschiedenen auffallenden und abweichenden Verhältnissen in der Bildung des Zungenbeines,
des Herzens, der Harn- nnd Geschlechtswerkzeuge, endlich der Structur der Schling- und Spritzorgane des Delphins, zum Theil
in Copien, zum Theil in Originalfiguren gewidmet, worüber die Erklärung der Tafel nachzusehen ist.
ACHTE TAFEL.
Die Figuren I—XII geben eine Uebersicht der äusseren Configuration des Gehirns bei verschiedenen Säugethieren ; sie sind
noch in hinreichend grossem Maassstabe gezeichnet, um die Hauptverhältnisse der einzelnen Hirnabtheilungen zu einander erkennen zu
lassen. Ein weiteres Detail war hier nicht möglich3. Das Gehirn des Menschen (Fig. I) und der beiden höchst organisirten Affen¬
arten (Fig. II, III) sind auf die Hälfte der natürlichen Grösse reducirt. Es wurde hier das Gehirn einer der in psychischer und physischer
Hinsicht am tiefsten stehenden Menschenracen gewählt, eine Copie nach der schönen Abbildung vom Gehirne einer Buschmannshottentottin,
bei Tiedemann a. a. O., an welchem in der That die schmale Form der vorderen Lappen, die etwas geringere Zahl der Windungen und
deren Symmetrie auf beiden Hemisphären auffällt; in den edleren Racen, bei hohen geistigen Fähigkeiten finden wir starke individuelle
Ausbildungen, die sich durch grosse Zahl und Asymmetrie der Windungen aussprechen. Auffallend bleibt aber stets beim Menschen
die Entwickelung der hinteren Lappen und die Unterordnung des kleinen Gehirns, das beim Schimpanse und Orang-Utang (Fig. II
und HI) vom grossen Gehirn nicht mehr bedeckt wird; auch werden hier die Windungen und Furchen weniger zahlreich und minder
symmetrisch; dies ist aber besonders auffallend bei den typischen Affen, wie den Meerkatzen Fig. IV), wo die
Hemisphären nur wenige sehr symmetrische Furchen zeigen. Am Hunde (Fig. V) vermehrt sich Zahl nnd Asymmetrie der Windungen
auffallend und das grosse Gehirn ist überhaupt bei diesen intelligenten Thieren, wie beim Elephanten 4, sehr entwickelt. Auch bei
den Wiederkäuern, wie der-Giraffe (Fig. VI), und am rundlichen Gehirne des Delphins (Fig. VII), sind die Windungen zahlreich,
aber die hinteren Lappen sind hier so wenig entwickelt, dass das kleine Gehirn nur sehr unvollkommen von jenen bedeckt wird.
Endlich bei dein Ameisenfresser (Fig. X) und der Ratte (Fig. XI), wie bei den Edentaten und Nagethieren überhaupt, erscheinen
die Hemisphären als ganz glatt und windungslos ; sie bedecken nicht nur das kleine Gehirn nicht mehr, sondern auch Vierhügel und
Zirbel liegen zu Tage. Um von der Basis auch einige Anschauungen zu geben, sind die Figuren VIH, IX und XII ausgewählt
1 Die Yergleichung mit Tab. I, Fig. III, wird die Schädelbildung deutlicher machen.
2 Das kleine blos im Fleische liegende Beckenrudiment des Delphins fehlt auf Fig. XXXIII, da es bei keinem der mir zugänglichen Skelete erhalten war.
3 Ich verweise hierfür auf meine Icones physiologicae, welche in Bezug auf Bau, Entwickelung des Gehirns und Ursprung der Nerven in den vier Wir-
belthierclassen als Ergänzung der Icones zootomicae betrachtet werden müssen. Ich muss hierbei bemerken, dass die Fig. I Tab. XXIV, Fig. I und VI Tab. XXV,
Fig. II Tab. XXVI der Icones physiologicae nicht ein reifes neugeborenes Kind, sondern ein nicht ausgetragenes, 7monatliches, jedoch lebensfähiges Kind betreffen.
4 Vergiß die schöne Abbildung des Elephantenhirns in dem neuen Werke von Leuret: Anatomie comparée du système nerveux considéré dans ses rapports avec
l'intelligence, das viele zum Theil sehr schöne Abbildungen enthält, sonst aber in wissenschaftlicher Hinsicht nur von geringer Bedeutung ist;