Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges. 2 (II. / 1930)

statteten sie ihre Kavaliere, um sie recht präsentabel zu machen, luxuriös 
aus und ließen es an Dedikationen, wie Armbanduhren, Ringe, Zigaretten¬ 
etuis, nicht fehlen. 
Das Bestreben der öffentlichen Wächter der Moral, durch Ableugnung 
aller Entsittlichungserscheinungen die Atmosphäre des sozialen Lebens 
zu reinigen, ohne sich um deren Ursachen zu kümmern, suchte, mit unge¬ 
eigneten und unzulänglichen Mitteln meist, diesen Vorgängen zu steuern. 
Aber das durch Gesetze doch immerhin einigermaßen geschützte Privat¬ 
leben ließ sich durch behördliche Zugriffe nicht genügend erfassen, um 
eine Wandlung herbeizuführen. Was erreichbar war, blieb eine Beschränkung 
des Überhandnehmens dieser »ärgerniserregenden« Vorgänge in der Öffent¬ 
lichkeit. Damit war den »Übeltätern«, die nicht geneigt waren, sich in 
ihren Vergnügungen stören zu lassen, der Weg in die Heimlichkeit 
gewiesen und sie säumten nicht, sich dieser Möglichkeit zu bedienen, bot 
sie doch die besten Aussichten für eine unbeschränkte Ausnützung der 
heimlichen Freiheit und eine größtmögliche Entfaltung expansiver Lebens¬ 
lust und -gelüste. 
Aus diesem Bedürfnis heraus entwickelte sich in allen kriegführenden 
Ländern unter der Führung instinktsicherer Konjunkturspekulanten eine 
klandestine Vergnügungs¬ 
industrie, die es geschickt 
verstand, ihren berüchtig¬ 
ten Unternehmungen die 
Kulisse einwandfreier Pri¬ 
vatveranstaltungen und 
harmloser Familiarität vor¬ 
zubauen und diesen Trug 
gegenüber der Spionage, an 
der es natürlich auf der 
Gegenseite nicht fehlte, oft 
lange zu behaupten. Gelang 
dies auf die Dauer nicht, so 
änderte sie die Taktik und 
wechselte sprunghaft ihre 
Quartiere, gleichsam einen 
ambulanten Amüsierbe¬ 
trieb unterhaltend. 
Hier ist mm der Tum¬ 
melplatz zweier besonders 
markanter Typen der 
kriegszeitlichen Vita sexu- 
alis, die die Kriegsphraseo- 
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1 
Graf Bernstorff amüsiert sich 
Photographische Karikatur aus »Fantasio«, 1916 
20
	        
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