Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges. 2 (II. / 1930)

Angst vor dem 
drohenden Unbe¬ 
kannten, was jene 
Seelenstimmung er¬ 
zeugt, in der die 
Sinne übermächtig 
werden und gebiete¬ 
risch ihr Recht for¬ 
dern und erzwin¬ 
gen. So erlagen in 
der Zeit des Zusam¬ 
menbruchs der 
alten Friedensord¬ 
nung selbst Men¬ 
schen mit gefestig¬ 
ten Grundsätzen und wurden widerstandslose Werkzeuge des Eros. 
Jener verzweifelten Apres nous le deluge-Stimmung entsprang ein gebie¬ 
terisches Genußverlangen, als ob die bedrohten Lebenskräfte des Indi¬ 
viduums sich in seiner Sinnlichkeit konzentriert hätten und stürmisch nach 
Befriedigung drängten. Die »Gunst des Augenblickes«, denn nur des Augen¬ 
blickes ja war man gewiß, entschied des Einzelnen Haltung und Handlung. 
Der Krieg zerstörte 
alles. »Lebenswege 
wurden vernichtet, 
Pläne gebrochen, und 
Ideen verloren sich«, 
sagt Calverton14), »in 
rohem Kriegsgeschrei. 
Die Ideale, für die die 
Menschen kämpften, 
wurden ein Handels¬ 
artikel in den Augen 
der Gewinnler und 
Ausbeuter.« Da die 
Zeit dem Menschen 
keine Besinnlichkeit 
erlaubte, ließ er sich 
von einem nervösen 
Tätigkeitstrieb ergrei¬ 
fen. Alle Energien 
wollten in Aktivität 
umgesetzt werden und 
Gemüsegarten und Hühnerhof im Heim 
Zeichnung von D. R. Andre in »Glühlichter«, 1915 
»Erkennst du mich nicht? Ich bin dein Gatte.« 
Zeichnung von G. Pavis in »La Vie Parisienne«, 1916 
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