Volltext: Walter von Molo (Heft 8 / 1927)

Literaturwarte 
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Denn das ist nicht das Traurigste am schlechten und wertlosen Buch, daß eS über 
haupt da ist. Auch ein Herrgott setzte Gutes und BöseS in die Welt, das letztere 
aber doch nur, damit wir uns seiner erwehren. Das wertlose und kitschige Buch wird 
nie verschwinden. WaS wir aber tun können und müssen, ist dies: Sorge tragen um 
das Gute in der Literatur und unsere Brüder und Schwestern wieder lesen lehren. 
(Aus „OPK" Nr. 70.) 
EDWARD SAMHABER. In dem Trubel der Beethovenfeste und der Wahlvorbe 
reitungen ist das Ableben eines Mannes fast nicht beachtet worden, der auch Zeit seines 
Lebens die Stille um sich liebte und jeden Werbelärm verabscheute: Dr. Edward 
Sa m haber. (geb. 26. Nov. 1846 in Freistadt, Oberösterreich, gest. 28. März 1927 
in Linz). Selbst die österreichischen Tageszeitungen gingen über sein Scheiden hinweg, 
die reichsdeutschen nahmen säst überhaupt keine Notiz davon. Samhaber war eben 
Provinzler, außerdem kein „Hans Dampf in allen Gasten", der sich vordrängte, wo 
eö nur ging, um ja die'Mitlebenden immer und überall daran zu erinnern; „Ich, der 
Samhaber!" Still und bescheiden wirkte dieser „Provinzler" nicht nur für seine engere 
Heimat, sondern für das große deutsche Vaterland. Sein Schaffen war nicht engbe 
grenzt, sowohl als Lyriker, Dramatiker, Epiker und Novellist hat er seinen Mann ge 
stellt, und unerreicht ist seine Ausgabe der Schöpfungen Walters von der Vogelweide, 
die durch ihn zum Gemeingut des deutschen Volkes wurden. Leider ist die bei Georg 
Müller in München erschienene Gesamtausgabe seiner Werke vergristen, und es ist nur 
zu hosten, daß diese Lücke in der deutschen Literatur baldigst durch eine Neuausgabe 
ausgefüllt wird. Es wird eine Unzahl von Büchern der Gegenwartsgrößen der Groß 
stadt gedruckt, die bald wieder verschwinden, bestehen bleibt jedoch nur immer wieder 
das Urwüchsige, Gesunde, das besonders in der Provinz zu stnden ist, die das Flüchtige, 
, auf Augenblickswirkung Eingestellte der Großstadt nicht so sehr kennt. Wohl besitzen 
j] wir eine Samhaber - Ausgabe in Auswahl (von Dr. Berger bearbeitet), die jedoch keinen 
; Ersatz bieten kann, da SamhaberS Gesamtschasten darin nicht recht zur Geltung ge- 
I langt. — A. K. — 
ERWERBUNG EINER NESTROY-HANDSCHRIFT DURCH DIE NATIONAL 
BIBLIOTHEK. Die Wiener Nationalbibliothek hat eine Handschrift des vieraktigen 
Volksstückes von Nestroy „Oer alte Mann mit der jungen Frau" aus Wiener Privat- 
besttz angekauft. Es handelt sich hiebei um eine von NestcoyS eigener Hand herrührende 
Reinschrift (42 Bogen in Großfolio) des 1849 noch als Nachklang der 48er Revolution 
entstandenen, damals aber von der 'Zensur unterdrückten Stückes, das dann erst 1890 
aus dem Nachlaß Nestroyö in der von Ganghofer und Chiavacri besorgten Gesamt 
ausgabe bekannt geworden ist und zu den besten Schöpfungen Nestroyö, namentlich 
was die Figur des ZiegeleibesitzerS Kern betristt, gehört. Oie durch die Nationalbibliothek 
erworbene Handschrift weicht, wie eine Vergleichung erkennen läßt, in Kleinigkeiten von 
derjenigen ab, die Direktor Otte Rommel seiner kritischen Nestroy-Ausgabe zugrunde 
gelegt hat, ist also auch nicht ohne philologisches Interesse. 
DA8 AELTESTE DEUTSCHE SPRACHWERK GEFAEHRDET. Oie berühmte, 
in Upsala aufbewahrte Handschrift der gotischen Bibel ^des Bischofs Ulfila, das 
älteste größere deutfche Sprachwerk, hat im Laufe der Jahrhunderte trotz der sorg 
fältigsten Aufbewahrung allerlei Schäden erlitten, die eö wahrscheinlich machen, daß 
die in Gold und Silber auf rotem Pergamentpapier geschriebenen Buchstaben und Or 
namente im Laufe weiterer Jahrhunderte immer mehr dem Zahn der Zeit zum Opfer 
fallen. An vielen Stellen ist das Gold oder Silber ausgefallen oder chemisch verändert 
worden, und das Pergament ist durch die „Tinte" mehrfach derart beschädigt worden, 
daß ganze Zeilen, ja ganze Seiten durchscheinen und ineinander zu laufen drohen. Um 
das unersetzliche Schriftstück der Nachwelt zu erhalten, wurde nun anläßlich des Jubi 
läums der Upsaler Universität eine getreue Wiedergabe dieser als Codex argenteus be 
kannten Bibel hergestellt. Oie Druckplatten wurden auf photopraphischem Wege unter 
Anwendung aller Hilfsmittel der modernen Licht- und Photographietechnik angefertigt,
	        
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