Volltext: Land oder Geld [84]

eeit zwei Jahren führen wir einen heißen Kampf gegen eine 
immer wachsende Zahl von Feinden. And je länger der 
Krieg dauert, desto öfter hören wir gerade von denen, die daheim¬ 
geblieben sind, die bange oder doch skeptische Frage: Was haben 
wir eigentlich in diesen zwei Jahren erreicht? An diejenigen, die 
so fragen, habe ich heute denken müssen, als ich im Schnellzug vor¬ 
bei an den Feldern und Auen Westfalens hierher fuhr. An den 
Feldern, die voll standen vom erntereifen, üppigen Segen und an 
den Auen, auf denen die Fördertürme und die Schornsteine als 
stolzes Wahrzeichen der deutschen Industrie stolz sich zum Limmel 
emporrecken. So fährt man heute nach zweijährigem heißem Völker¬ 
ringen beinahe wie im Frieden durch die deutsche Leimat. Diese 
Reise sollte man alle machen lassen, die da fragen, was wir in 
zweijährigen Kämpfen erreicht haben, und dann sollte man sie 
hinausführen nach Belgien, nach Nordfrankreich und nach Polen. 
Dort können sie Vergleiche anstellen zwischen dem, was die Leere 
Englands, Frankreichs, Rußlands und Belgiens ihrem Vater¬ 
lande geleistet haben und was das deutsche Leer für Deutschland 
wert gewesen ist. Wer einmal gesehen hat, wie es in Nordfrankreich, 
in Belgien und Polen aussieht, und wer dann durch Deutschlands 
Fluren streift, der weiß, was es heißt, den Krieg im Lande zu haben 
mit all seinen Schrecken. Dem wird es dann auch ohne weiteres klar, 
daß unser erstes Gefühl am Schluffe des zweiten Kriegsjahres 
heißer Dank sein muß, heißer Dank für alles, was unsere Brüder 
draußen im Felde für uns geleistet haben, die ihr Leben Hingaben, 
damit der Leimat ihr Friede bewahrt blieb. Das mindestens 
haben wir durch ihre Kraft und ihre Aufopferung in diesen zwei 
Jahren erreicht, daß wir in der Leimat heute wohl manches ent¬ 
behren, daß wir aber im Grunde genommen doch nicht wissen, 
was Krieg heißt. Das haben wir erreicht, dafür gebührt unseren 
Leeren der heißeste Dank, den wir zu vergeben haben. 
Aber andrerseits kann dieses Dankgesühl uns doch nicht darüber 
hinwegtäuschen, daß die Opfer auch in der Leimat für uns Deutsche 
unendlich groß gewesen sind. Trauer in vielen Familien, Entbehrung 
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