Volltext: Die deutsche Offensivschlacht [13/I. Teil] (Band 13 I. Teil / 1926)

Soldat des Dritten Reiches / Beilage zum Chemnitzer Tageblatt Nr. 52 / Freitag, den 21. Februar 1936. 
Das Ringen zweier Völker 
Vor zwanzig Jahren: Verdun / Von Dr. Wilhelm Ziegi 
er 
Die Landschaft 
I>n irfefttt Tagen Mrt sich Mm Awa-nzigste» 
Male öer Bezilin >des großen Kampfes um 
ä&etlfuut. Aus «Jicjcm Antej? erscheint im öcr 
Hattseatrschen Verlag Sa niswlt KU Hambiurg ein 
Buch von Dr. WWW« Zic-gtcr, Oberregic-- 
Lunigsrat «m Reichsministcrdum für BolkSauf-- 
klärwng unt> Prolpagimöl», -das awf Grund 
>M»s>a>wgreichen Quclle-nstoffeS, beffunöers auch 
Scr fvanz-östschcn Verölff-ckn-Mchungen, eine neue 
DaristeMlwg öcr Echl-acht Adbt. 
Dieser uub öer fWgen^e Aussfatz ftniö mit 
Genöhmigunig des Verlages öem sipan>nenlöeu 
Buche entnommen. 
Wer auf Verdun von der deutschen Grenz« 
her zustrebt, der steht nach einem langen Marsch 
durch eine dicht besiedelte Ebene plötzlich vor 
einem langgestreckten Höhenzug. Steil wie eine 
Mauer legt sich dieser quer vor das Gesichtsfeld. 
(5s ist der etwa SV Kilometer lange Zug der 
Cötes Lorraines, der sich wie ein gigantischer 
natürlicher Wall vor den Lauf der Maas und 
damit auch der die Festung Verduu schützend vor- 
schiebt. Mehr als 100 Meter liegt der Höhen- 
rand der „Cöte", wie sie in der Soldatensprache 
abgekürzt wurde, durchschnittlich über der Tal- 
sohle der Woevre-Ebene. Und die Zinnen die- 
fer natürlichen Bastion werden ununterbrochen 
von dichtem Wald gekrönt. Tief dehnt sich die- 
ser Wald nach rückwärts, fast überall vis dicht 
an die schmalen Windungen des Maas-Tales. 
Und ans'dem anderen User der Maas erhebt sich 
wieder eine ähnliche Kette natürlicher Sperr- 
forts, gebildet durch Kuppen, Berge, Schluchten 
und Wälder. Bon hier aus also ist! die Festung 
Verdun durch die Natur ideal begünstigt. Hier 
ist darum jeder frontale Angriff, fast mit Sicher- 
heit, zum Scheitern verurteilt. Und hier tief in 
der Ebene, nicht weit weg vom Dach der „Cöte", 
zogen sich die deutschen Stellungen in der Nord- 
Südrichtung, als die Front im Herbst 1914 er- 
starrte. 
Anders war die Lage im Norden der Fe- 
ftung. Hier knickte die deutsche Front, fast im 
rechten Wiukel, nach Westen um nnd machte so 
Verdun zum ausspringenden Eckpfeiler der 
französischen Ostfront, der sich immer wie eine 
drohende Schanze auf die deutsche Front rich- 
tete. Hier aber, an der Nordfront/ schnitten die 
deutschen Schützengräben cntf der Hochfläche der 
,>Cüte" quer durch das Wellengelände zu beiden 
Ufern der Maas. Dicht am Rande der befestig- 
ten Zone öcr Festung, noch im Feuerbereich der 
Geschütze ihrer Forts, zog sich der Graben öcr 
deutschen Front entlang. Dort hatten sich die 
deutschen Truppen im Herbst 1314, als sie die 
Festung beinahe schon umzingelt hatten, festge- 
bissen, zurückweichend, aber fest an den Gegner 
angeklammert. Hier lagen Freund und Feind 
ans einem Plateau einander gegenüber. Hier 
war darum anch die einzige Möglichkeit für 
jeden Feldherrn, der sich diesen Stützpunkt als 
strategisches Ziel auswählte, dcu Hebel anzu- 
setzen. Denn hier war wenigstens feilt wesent¬ 
licher Höhenunterschied zu überwinden. Trotz- 
dem war auch nach dieser Front Verdun ein von 
der Natur selten begünstigter Platz. Auch hier 
war es geradezu eine natürliche Festung. Wer 
dieses Vorfeld der Festung Verdun rechts und 
links der Maas mit eigenen Augen gesehen, bei 
jedem Wetter und zn allen Jahreszeiten selbst 
„erlebt" hat, der allein wird diese Feststellung in 
ihrer ganzes Tragweite ermessen können. Der 
französische Schriftsteller Madelin, Mitglied der 
„Akademie" und selbst Verdnnkämpser sagt von 
dieser Gegend: „Sie ist keine Landschaft, sondern 
ein Kampsseld (im camp)." Es ist, als ob die 
Natur hier in idealer Vollkommenheit fast alle 
Spielarten an Hindernissen für einen Angreifer 
angehäuft hätte, die sie in ihrer Schatzkammer 
birgt. Schlucht reiht sich an Schlucht, Falte an 
Falte, Nase an Nase, kreuz und gner, gerade und 
gekrümmt, unberechenbar, nach allen Himmels- 
richtungen. Das ganze Terrain besteht fast nur 
aus Buckeln, Abhängen und Steilwänden. 
Man sucht vergebens einen Platz von we- 
nigen Quadratmetern, der eben wäre. Es ist, 
als seien die Kuppen, die sich ans der Landschaft 
emporwölben, nur dazu da, neue Abhänge und 
neues Gefalle für Schluchten abzugeben. Es gibt 
keinen freien Blick über freies Feld, und wo es 
fo aussieht, da ist cs Trug, denn die Mulden 
oder Einschnitte, die zwischen Auge und Ziel lre- 
gen, sind dem Auge verborgen. Noch häufiger aber 
verdecken breite Waldbänden den freien Blick, die 
ebenso unregelmäßig in das Gelände eingestreut 
sind. Hoher dichter Buchenwald reckt sich zum 
Himmel, ans dem Boden abcr wuchert und kriecht 
ein fast undurchdringliches Gestrüpp von Unter- 
holz — der richtige französische Wald. 
Kärglich, arm ist auch der Boden. Es ist 
schwerer, brockiger Lehm. Bei Trockenheit er- 
starrt er knochenhart, bei Regen nnd Tauwetter 
zerfließt er in zähen Morast. Nur dünn ist die 
Ackerkrume. Kaum einen halben Meter reicht 
sie hinab, nnd schon beginnt der gewachsene 
Stein, Kalkstein oder Fels. Die Namen der 
Höhenrücken „Kalte Erde" nnd „Pfefserrücken" 
sind sicher kein Zufall. Auch der Mensch hat we- 
nig zur Erschließung dieser stiefmütterlich bedach- 
ten Landschaft beigetragen.' Kaum eine wirkliche 
Straße öffnet den Zugang zu diesem verschlos- 
f<nen Winkel. Meist sind es nur schmale Wege 
oder Pfade, die ein Dorf mit dem anderen ver- 
binden. Trist nnd kahl schauen die wenigen 
Dörfer drein, die in den Falten verstreut liegen. 
So habeu anch die Menschen dieser Landschaft 
nichts zn spenden vermocht, was die Natur ihr 
versagt hat. Sie ist weder lieblich uoch froh und 
heiter, sondern schwermütig, düster und trostlos. 
Mit einem Wort: melancholisch. Sie bedrückt 
das Gemüt. Und wenn erstl die Winteryebel 
durch die Schluchten wallen, und Stnrm 'und 
Regen die Wipfel peitschen, dann kann da dran- 
ßen auch den Mann mit starken Nerven ein 
Gefühl der Beklemmung befchleicheu. Dann 
wandert das Grauen durch die Landschaft. 
Hier also, im Norden, sollte der Stoß gegen 
die Festung geführt werden, der im Frühjahr 
3916 Verdun mit einem Schlage zu einem Begriff 
für die ganze Welt machte. 
Die Festung selbst war auch technisch auf 
der Höhe der Zeit und in bestem Zustand. Rund 
20 Forts und 40 Zwischenwerke umgaben sie in 
»wem riesigen Quadrat. Sie alle stammten aus 
Die einjährige Schlacht 
In den letzten Februartagen des Jahres ISIS 
begann der große, geivattige Seldenkamps um die 
Festung Verdun, der jich bis in den Juni hinein- 
zog und große, bedeutende Erfolge der deutschen 
Truppen brachte. Slm SS. Februar stürmte die 
7. und 8. Kompanie des 24. Infanterie-Regiments 
in einem kühnen Sturm die Panzerfeste Douau- 
mont und nahm das bedeutende Fort unter Miß- 
nchtung eines ergangenen Befehls niit einem 
kühnen Handstreich. Die Führer der 7. '.und 
S. Kompanie waren Hauptmann Haupt und Ober- 
leutnant von Brandis. Im weiteren Verlauf der 
Verdun-Schlacht wurde am 14. März die Höhe 
„Toter Mann" erstürmt, am 2. Jnni die Panzer¬ 
feste Vaux nnd am 23. Juni das Panzerwerk 
Thiaumont. Der Kampf wurde auf beiden Seiten 
mit heldenmütigem Einsatz durchgeführt, und die 
„Hölle von Verdun" wird für einige Zeiten ein 
Beispiel höchsten heroischen Soldatentums sein. 
Rechts: Hauptmann Haupt von der 7 Komp. des 
24. Infanterie - Regts., der neben Oberleutnant 
y. Brandis den Hauptanteil an > der Erstürmung 
hatte. 
... 
'' 
Ein Teil der Panzerfeste Douaumont nach der Erstürmung durch die Deutschen 
Sie stürmten mit den Douaumont 
Oberleutnant t. Brandis mit den Zugführern dler 8. Kompanie. Von links nach rechts: Leut¬ 
nant Freiherr v. Eynatten, Vizefeldwebel Glanz, Oberleutnant v. Brandis, Feldwebel Würfel und 
Unteroffizier -Schneiderei t. Scherl-Bilderdienst M (S) 
der Jahrhundertwende. Die wichtigsten Werte i 
namentlich an der Nordostfront waren erst kurz! 
vor dem Krieg gebaut oder auf den neuesten ° 
Stand der Technik gebracht worden. Die stärkste f 
Stelle der Verteidigung war das Fort Donau-1 
mont und der rückwärts von ihm auf Verdun k 
zulaufende Höhenrücken „Kalte Erde". Tic- 
Festung galt also mit Recht — neben der dent- 
schen Festung Metz — als die stärkste Festung ß 
der Welt. Aus französischer Seite gehörte fie | 
iu den Abschnitt der „Armeegruppe Ost" des k 
General Dubail. Ihr Kommandant war derz 
General Berr. Auf deutscher Seite lag sie iml 
Abschnitt der 5. Armee, deren Führer der Dent-I 
sche Kronprinz war. Sein Generalstabschef wart 
der General Schmidt von Knobelsdorf. 
Das Rätsel Falkenhayn 
Das Schicksal öcr Schlacht von Verdun ist 
zugleich das Schicksal zweier Feldherren, des 
Deutschen, General von Falkenhann, und des! 
Franzosen, Marschall Joffre. Beide messen in 
dieser Schlacht ihre Kräfte, und beiden wird Ver- 
dun zum Verhängnis. Schon dadurch hebt sie sich 
von allen anderen Großkämpfen des Weltkrieges, 
ab, vielleicht abgesehen von der Marne-Schlacht^ 
1914. Aber Verdun ist weiterhin die einzige 
Schlacht des Weltkrieges, in der zwei Völker 
wirklich bis zum letzten Ausbluten ihre Kräfte 
Miteinander messen. Es sind obendrein die besten 
Soldatenvölker der alten Welt. Daß dieser Zwei- 
kämpf zweier Völker von der Daner eines gan- 
zen Jahres möglich war, hängt mit ö'em beson- 
deren geographischen Charakter der Schlacht von 
Verdun zusammen. Es ist sozusagen eine Schlacht 
auf der Stelle, die allein durch das Feftungs- 
gelände erklärlich ist. Darin liegt das dritte Mo- 
ment, das die Schlacht von Verdun ans allen 
andern Operationen des Bewegnngs- und des 
Stellungskrieges im Weltkrieg heraushebt. Das 
ist ihre ganz besondere Eigenart. 
Aber uns Deutsche wird immer die Frage 
am tiefsten aufrühren, warnm diese Schlacht, die 
mit so ungeheuren Opfern immer weiter gespeist 
wurde, die auch — mindestens dreimal — bis 
dicht an den Tieg herangeführt hatte, zum Schlüsse 
doch ergebnislos endete. Denn dreimal stand der 
Weg nach Verdun offen. Am 25. Februar, als 
die Stürmer des Douaumont sehnsüchtig nach 
Norden blickten, in Erwartung der Reserven. Am 
8. Juni, als nach dem Falle des Forts Vaux im 
Ostabschnitt die Welle endlich in Bewegung gc- 
raten war, und schließlich am 10. Juli, als die 
berühmte „Lücke" in der französischen Front 
zwischen Fort Souville und dem Werk „Kalte 
Erde" klaffte. Damals trennte nur ein letzter 
Sprung die Angreifer von dem gesteckten Ziel. 
Jede Untersuchung über die Antwort auf 
diese tiesbewegende Frage mündet immer in der 
Persönlichkeit des Feldherrn von Falkenhann, 
ebenso wie in der Person seines großen Gegners. 
Was wollte Falkenhayn? 
Schon die Antwort auf diese Frage ist nicht 
einfach. Denn klipp nnd klare Dokumente ans 
seinem Munde oder seiner Feder liegen nicht vor. 
Er war ein einsamer nnd verschlossener Mensch. 
Und selbst von dem einzigen Dokument, das über 
seine Absichten Aufschluß gibt, steht nicht ein- 
wandfrei fest, ob es wirklich vor der Schlacht von 
ihm niedergeschrieben worden ist. Es ist die denk- 
würdige Aufzeichnung über seinen Bortrag beim 
Kaiser vor Weihnachten 1915. Immerhin sind die 
Voraussetzungen, von denen er ausging, deutlich 
erkennbar und unumstritten. Und diese Voraus- 
fetzungen treffen zweifellos ins Schwarze. Als 
Falkenhayn am Ende des Jahres 1313 daran- 
ging, sich über seinen Operationsplan im nach- 
sten Jahre klarzuwerden, lag eine günstige 
Kriegslage vor ihm, anders als im Winter des 
Jahres vorher. Ueberall war der Gegner in die 
Defensive gedrängt, im Osten durch den genialen 
Durchbruch bei Tarnow-Gorlice, im Südosten 
durch die mit der Niederwerfung Serbiens er¬ 
zielte Querverbindnng nach Konstantinopel und 
die siegreiche Abwehr des englischen Angriffs ans 
die Dardanellen, und schließlich im Westen durch 
die abgewiesenen Durchbruchsversuche Jossres in 
der Champagne. Diese Wendung des Kriegs- 
geschicks war Falkenhayns Verdienst. Er hatte 
es dahin gebracht, daß Deutschland die strate- 
gische Initiative wieder an sich gerissen hatte. 
Jetzt stand er, kraft eigener Leistung, vor der 
seltenen Gelegenheit, selbst über den Voraussicht- 
lichen Gang des Jahres 191g zu bestimmen. Aus 
dieser Konstellation ist sein Operationsplan für 
Verdun entstanden. 
Daß er gerade auf Verdun verfiel, hatte viel 
für sich. Man kann diese Idee fast als bestechend 
bezeichnen. Sie war, möglicherweise, ein genialer 
Einfall. Denn alle die Prämissen, von denen 
Falkenhayn dabei ausging, ließen sich hören. Da 
war als erste Voraussetzung seines logischen Ge- 
dankengebäudes die Wahl der Westfront. Es gab 
jedenfalls keine stichhaltigen Argumente gegen 
diese Wahl. Jede Ossensive im Osten gegen Ruß- 
land hatte immer mit dem unendlichen russischen 
Raum zu rechnen. Bielleicht konnte 'man eine 
Offensive in Oberitalien erwägen, so wie sie der 
österreichische Generalstabschef Conrad von 
Hötzenöorf vorgeschlagen hatte. Aber anch sie hing 
von gewissen unberechenbaren Größen ab. Dem- 
gegenüber hatte Verdun unbedingt den Vorzug, 
daß es ins Herz der feindlichen Front stieß. 
Auch die weitere negative Prämisse, mit der 
wir bereits in den Kreis der rein militärischen 
Erwägungen eintreten, war richtig gesehen. Die 
Durchbruchsschlacht war überholt. Diese grund- 
legende Erkenntnis, von der Falkenhayn aus- 
ging, war zutreffend. Er wollte keine „Durch- 
bruchsoperatiou nach dem bekannten Schema", 
und er bekennt sich als Gegner des „Massen- 
durchbruchs". Darin hat ihm der gesamte Welt- 
krieg recht gegeben. Aber es ist fast wie eine 
Ironie des Schicksals, daß gerade er von allen 
Führern dem Gelingen der „Durchbruchsschlacht" 
am nächsten kam. 
Was wollte Falkenhayn nun positiv mit sei- 
ner „Offensive" vor Verdun? Damit beginnt das 
Bereich des 'Problematischen itt seinen Er- 
wägungen. 
Er wollte zweifellos die „Ausblutungs- 
schlacht". Diese Feststellung steht Heute außer 
Zweifel. Das heißt, er wollte in erster Linie 
Frankreichs Heer bei Verduu zum „Ausbluten" 
bringen. Denn er rechnete damit, daß Frankreich 
um des Prestiges seiner Festung Verdun willen 
genötigt sein würde, den letzten Mann einzu- 
setzen, und daß die Verteidiger auf der inneren 
Linie, im konzentrischen Feuer öcr deutschen 
Batterien, mehr leiden würden als die Angrei- 
fer. Er hat noch in seinen Kriegserinnerungen 
Ende 1919 an dieser Ueberzengnng festgehalten, 
denn er glaubte damals noch an ein Verhältnis 
der gegenseitigen Verluste wie 1:2,3. Und er ist 
wahrscheinlich anch mit dieser tröstlichen Gewiß- 
heit in sein frühes Grab gesunken. Er hat sich 
darin gründlich geirrt. Denn das Verhältnis der 
gegenseitigen Verluste war fast das gleiche. 
Immerhin spricht Falkenhayn in seiner 
Weihnachtsdenkschrift auch davon, daß „das Ziel 
in unsere Hand fällt". Er hat also auch mit die- 
ser Möglichkeit gerechnet. Aber dann ergaben sich 
logisch ganz andere Konsequenzen für die An- 
läge und Führung der Offensive. Und dadurch 
erhält bereits sein ursprünglicher Schlachtplau 
etwas Schillerndes, Uneinheitliches. Er nahm 
weiterhin an, daß es hier vor Verdun dem An- 
greiser freistehen würde, „feine Offensive schnell 
oder langsam zn führen, sie zeitweise abzubrechen 
oder sie zu verstärken". Er ging vor allem von 
dem Grundsatz aus, den gewollten Zweck „mit 
beschränkten Kräften" zu erreichen. Auch darin 
hat er sich getäuscht. Als das erste Anlaufstadium 
der Schlacht überschritten ivar, wurde er zu ihrem 
Werkzeug. Am meisten aber fällt auf, daß an 
keiner Stelle seine Ueberlegungen von dem Mo- 
ment der Ueberraschnng die Rede ist, während 
dieses Moment sich dem Leser des Planes Falken- 
Hayns als erstes aufdrängt. Darin lag gerade 
das Bestechende an diesem Plan, seine Haupt- 
rechtsertigung. Und die Entwicklung der Ercig- 
nisse am 21. Februar gibt darin recht. Man 
steht hier vor einem psychologischen Rätsel. Denn 
wenn dieses Moment von vornherein bewußt in 
den «chlachtplan einkalkuliert worden wäre, dann 
wäre nach aller menschlichen Boranssicht die 
Festung im ersten Anlaus genommen worden. 
Ein weiterer dunkler Punkt in der Anlage der 
Offensive ist die Beschränkung des Angriffs auf 
das rechte Maasufer. Auch hier steht man vor 
einem Rätsel. Denn an dem Mangel an ver- 
fügbaren Divisionen kann öcr gleichzeitige An- 
griff auf beiden Maasufern unmöglich gescheitert 
sein. Falkenhayn standen im Frühjahr 1916 nnd, 
seinen eigenen Worten an „Schlagtruppen" 17 bis 
18 Divisionen znr Verfügung, von 26 Divisionen 
Heeresreserve insgesamt. Von diesen wurden 
tatsächlich nur neun für den ersten Angriff vcr- 
wandt. 
Der Schlüssel für diese unbegreifliche 
Selbstbeschränkung kann allein in der Natur Fal- 
kenhayns selbst gesucht werden. 
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