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Gänsemarsch, jeder kletterte einzeln die unwegsame Höhe des
Waldgebirges empor. Die Steigung 1 : 4, der Boden aufgeweicht,
das Maultier der Gebirgsbrigade Valek sucht im Nebel seinen
Weg, den gleichen wie wir, die Kochkisten und Packsäcke
stießen auf dem engen Pfad jeden Moment mit unseren Tor¬
nistern zusammen, wobei sich die Tragtiere als die Standfesteren
erwiesen, das Hinfallen war schmerzlich, die Last des Tor¬
nisters noch schmerzlicher, Wind und Hitze in ihrem ewigen
Wechsel am schmerzlichsten.
Zwischen eins und zwei Uhr nachmittags erreichten wir die
Kammhöhe Wierch Rydoszowa, 828 Meter hoch, und vor uns
lag Galizien. Man sah Berge voller Buchen und Schnee, wir
Halbkrepierten aber hatten durchaus keinen Sinn für landschaft¬
liche Reize, ln Balnica sammelte sich das Regiment, Gefechts¬
instruktion wurde ausgegeben, wir unterhielten uns mit den
Kanonieren der hier aufgefahrenen Batterie; gestern haben die
Russen einen Teil des 92. Infanterieregimentes umzingelt und
zwei Kompagnien gefangen.
Marode schleppten sich vorbei, nur wenige hatten Schu߬
wunden, die meisten Erfrierungen; diese unblutigen Blessierten
wirkten noch schrecklicher als die blutenden Verwundeten, die
uns in Serbien vor jedem Gefecht entgegengekommen waren.
Drei Selbstverstümmler wurden zum Divisionsgericht eskor¬
tiert, sie klapperten vor Frost und Schmerz, der eine hatte den
linken Unterarm zerschmettert, der zweite zwei Finger durch¬
schossen, der dritte die linke Schulter — alle drei trugen selbst
angelegte primitive Bandagen, blutüberströmt. Sie können
vor dem Feldgericht nichts in Abrede stellen, denn die Schüsse
sind auf der linken (dem eigenen Gewehr erreichbaren) Körper¬
hälfte, die Wundränder zeigen Merkmale der Verbrennung von
der Stichflamme und Pulverschleim — typischer Nahschuß. In
Serbien war es leichter — man brauchte nur absichtlich den
Arm aus der Deckung zu strecken und hatte schon einen Schuß
von drüben, „eine ehrenvolle Verwundung“. (Wenn man sich
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