es Wetterleuchten und Himmelsblitze sein konnten, fiel keinem
von uns ein. Aber bald erkannten wir es. Rechts von uns, links
von uns, vor uns und hinter uns wurde das Firmament von
gezacktem Feuer zerschnitten, dann leuchtete es von allen
Seiten gleichzeitig auf, man konnte die unendlich jähe Helle
nicht ertragen, obwohl sie kaum den Bruchteil einer Sekunde
währte, worauf der Weg unter dem wolkenbedeckten, sternen-
losen Himmel wieder verschwand. Um 7 Uhr überfiel uns ein
Gußregen, in mancher Minute schlug uns das Wasser brutal in
Nacken und Augen, dann gab es schwächere Momente, die man
glücklich empfand. Wir strebten einem vermeintlichen Damm
zu, der sich immer ganz nah vor uns erhob, aber es war kein
Damm, wie wir nach Stunden erkannten, sondern eine optische
Täuschung, bewirkt durch den Zusammenstoß der dunklen
Puszta am Horizont mit dem immerhin helleren Firmament.
Mittwoch, den 16. Dezember 1914.
Alte Zeitungen sind eingetroffen: der Einzug unserer Truppen
in Belgrad am 2. Dezember ist in feierlicher Weise erfolgt.
Freilich. Wer hat daran gezweifelt! Der Rückzug war etwas
weniger feierlich.
Unter dem hämischen Titel ,,Ein überflüssiges, serbisches De¬
menti“ wird folgendes Telegramm aus Nisch reproduziert:
„Österreichisch-ungarische Blätter melden, daß Belgrad von
österreichisch-ungarischen Truppen im Kampf genommen wor¬
den sei. Das ist vollkommen falsch. Belgrad wurde Sonntag,
den 29. November, von den Truppen und Behörden geräumt.
Es handelt sich also nicht um eine Eroberung Belgrads nach
vorausgegangenem Kampf, sondern einfach um den Einzug des
Feindes.“ Was ich hier sofort behauptet hatte. Die einzige, tak¬
tische Leistung, die wir vollbracht haben, ist, daß wir den Ein¬
zug um vier Tage verzögerten, um am Jubiläumstag dort zu
sein. Das sind die Gesichtspunkte, von denen die österreichische
Kriegsführung beherrscht wird. Von dem vierzehntägigen Besitz
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